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Aus: Ausgabe vom 19.10.2024, Seite 1 / Titel
Biden in Berlin

Der amerikanische Patient

Biden auf Abschiedsbesuch in Berlin: Treffen mit Scholz, Macron und Starmer
Von Philip Tassev
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Vermutlich zum letzten Mal als US-Präsident in der BRD: Joe. Am Freitag bei den Berlinern

Panzerwagen im Regierungsviertel, Scharfschützen auf den Dächern, kreisende Helikopter, Schnellboote auf der Spree – auch wenn der greise Joe Biden kaum noch ein Attentat wert sein dürfte, fuhr die Berliner Polizei beim Abschiedsbesuch des scheidenden US-Präsidenten in der deutschen Hauptstadt die ganz schweren Geschütze auf. Nach seiner Ankunft am Donnerstag abend ließ er sich am Freitag vormittag im Schloss Bellevue erst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Bundesverdienstkreuz anheften – für seine »jahrzehntelange Leidenschaft für das transatlantische Bündnis« –, dann ging es in der gepanzerten Limousine weiter zum Mittagessen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt.

Vorher nahmen sich der »liebe Joe« und der »liebe Olaf« noch die Zeit für gegenseitige Danksagungen und Bekenntnisse vor der versammelten Hauptstadtpresse: zur deutsch-amerikanischen Freundschaft, zur transatlantischen Allianz, zu Israel und – nicht zu vergessen – zur Ukraine. Der Kanzler verkündete den neuen 50-Milliarden-US-Dollar-Kredit für das Kiewer Regime, an dessen Seite man stehen werde, »solange wie das nötig ist«. Es sei Bidens »Führung« zu verdanken, dass im Frühjahr 2022 »Putins Plan gescheitert ist« und »die Ukraine nicht innerhalb weniger Tage überrannt wurde«. Gleichzeitig versprach Scholz, dafür zu sorgen, »dass die NATO nicht zur Kriegspartei wird, damit dieser Krieg nicht in eine noch viel größere Katastrophe mündet«. Biden lobte die Bestrebungen der Bundesregierung, die NATO-Vorgabe, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Aufrüstung auszugeben, zu erfüllen, und forderte dazu auf: »Macht weiter so!« Er wisse, die Kosten für die anhaltende Unterstützung der Ukraine seien hoch, verblassten aber im Vergleich zu »den Kosten, in einer Welt zu leben, in der sich Aggression durchsetzt, in der große Staaten kleinere Staaten angreifen und tyrannisieren, einfach weil sie es können«, behauptete der Präsident und Oberbefehlshaber der größten und aggressivsten Militärmacht des Planeten vollkommen ironiebefreit.

Am Freitag nachmittag trafen auch der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer im Kanzleramt ein, um gemeinsam mit Scholz und Biden ein sogenanntes Quad-Treffen abzuhalten. Dabei sollte es nach Angaben aus dem Weißen Haus in erster Linie um den Ukraine-Krieg und die Lage in Westasien gehen. Sowohl in Washington als auch in Berlin wurde die »Hoffnung« geäußert, die Tötung des Hamas-Führers Jahja Sinwar am Mittwoch im Gazastreifen werde den Weg zu Waffenstillstandsverhandlungen frei machen. Israels Präsident Benjamin Netanjahu hatte aber nach Sinwars Ermordung bereits angekündigt, dass sein Krieg noch nicht beendet sei.

Der Besuch von Biden in der Bundesrepublik war eigentlich bereits für das vergangene Wochenende geplant. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij wollte den Staats- und Regierungschef der NATO-Staaten und ihren Verbündeten auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein seinen »Siegesplan« vorstellen. Ein auf Florida zusteuernder Hurrikan zeigte aber, wo angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA die Prioritäten der »amerikanischen Freunde« liegen. Das Weiße Haus verschob den Besuch Bidens, woraufhin auch das Ramstein-Treffen abgesagt wurde.

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