Neue Phase im Krieg
Von Wiebke DiehlDie Nachricht vom Donnerstag abend ließ aufhorchen: Der iranische Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf soll gegenüber der französischen Zeitung Le Figaro Verhandlungen zwischen Teheran und Paris über die Umsetzung der UN-Resolution 1701 für das israelisch-libanesische Grenzgebiet angedeutet haben. Die Aussagen, die ihm dort zugeschrieben werden, entsprechen jedoch nicht der Wahrheit. Das berichtete der libanesische Fernsehsender Al-Majadin am Freitag unter Berufung auf eine Quelle aus dem Umfeld Ghalibafs. Die Aussagen, die ihm nachgesagt würden, seien völlig falsch. Vielmehr habe der Politiker bekräftigt, dass der Iran jedes von der libanesischen Regierung und der Hisbollah gebilligte Waffenstillstandsabkommen unterstützen werde. Der in Beirut geschäftsführende Ministerpräsident Nadschib Mikati hatte den Iran nach der vermeintlichen Aussage ungewöhnlich deutlich kritisiert und auf die libanesische Souveränität verwiesen.
Zuvor hatte die Hisbollah am frühen Freitag morgen eine neue Phase im Krieg mit Israel ausgerufen, »deren Einzelheiten sich durch die Entwicklungen und Ereignisse der kommenden Tage offenbaren«. Erstmals hätten ihre Kämpfer Präzisionsraketen und Drohnen mit Sprengkörpern eingesetzt, so die Erklärung weiter. Am vergangenen Wochenende war eine mit Sprengstoff beladene Drohne der »Partei Gottes« in der Kantine eines militärischen Ausbildungslagers südlich von Haifa eingeschlagen. Vier israelische Soldaten wurden dabei getötet und Dutzende verletzt. Die Drohne konnte Israels viel gelobtes Luftabwehrsystem problemlos umgehen. Es wurde noch nicht einmal Alarm ausgelöst. Auch zu den israelischen Versuchen, mit Bodentruppen in den Libanon einzudringen, äußerte sich die Hisbollah: Man leiste, auch über die Frontlinien im Südlibanon und bis nach Israel hinein, weiter Widerstand und habe den Truppen bereits großen Schaden zugefügt. Allein in dieser Woche seien zudem zwei israelische Drohnen vom Typ »Hermes 450« abgeschossen worden. Bereits vor einigen Tagen hatte die Hisbollah bekanntgegeben, eine neue Rakete vom Typ »Kader 2« eingesetzt und auf Vororte von Tel Aviv abgefeuert zu haben.
Nach Beginn der »begrenzten Bodenoperation« Ende September hat Israel inzwischen fünf Militärdivisionen mit über 70.000 Soldaten sowie Hunderten Panzern und Militärfahrzeugen an der Grenze stationiert. Unter Berufung auf Satellitenbilder berichtete die New York Times am Donnerstag, die israelischen Truppen operierten an drei Fronten im Süden des Zedernstaats: in Nakura, wo die internationale Friedenstruppe UNIFIL ihr Hauptquartier hat, im Raum Bint Dschubail und in der Nähe von Udaissa. Heftige Luftangriffe auf die von den Bodentruppen anvisierten Dörfer begleiten die Vorstoßversuche. Aufgrund des Widerstands ist der Erfolg aber äußerst begrenzt. Allein am Donnerstag zerstörte die Hisbollah mehrere »Merkava«-Panzer. Die Armee musste zugeben, dass gleichentags fünf Soldaten der Eliteeinheit Golani-Brigade getötet wurden.
Wie UNIFIL-Sprecher Andrea Tenenti am Freitag bekräftigte, wird die 10.000 Mann starke Truppe trotz mehrerer direkter Angriffe auf sie seitens der israelischen Armee im Land verbleiben. »Die Verwüstung und Zerstörung vieler Dörfer entlang der ›Blauen Linie‹ und sogar darüber hinaus ist schockierend«, fuhr er fort und gab außerdem bekannt, dass man einer »Spur des möglichen Einsatzes von weißem Phosphor« durch die israelische Armee in der Nähe eines UNIFIL-Stützpunktes nachgehe. Die direkten Angriffe, bei denen fünf der »Blauhelmsoldaten« verletzt wurden, bezeichnete Tenenti als vorsätzlich. Israel hat in den vergangenen Jahren mehrfach UN-Einrichtungen im Libanon angegriffen. Während des 33tägigen Kriegs Israels gegen den Libanon im Jahr 2006 kam es auch zu direkten Angriffen und Drohgebärden gegen Bundeswehr-Soldaten des UNIFIL-Kontingents.
Derweil hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach einem ersten im Libanon gemeldeten Cholerafall alarmiert gezeigt. Bei mehr als einer Million Vertriebenen, die teils auf engstem Raum zusammenleben, wird ein größerer Ausbruch zur realen Gefahr. Die Krankheit ist vor allem für kleine Kinder lebensgefährlich.
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