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Aus: Ausgabe vom 19.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Shanghai Coorperation Organisation

»Neue Seidenstraße« als Entwicklungsmotor

SCO-Staaten einigen sich beim Gipfel auf engere wirtschaftliche Kooperation
Von Thomas Berger
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Chinas Regierungschef Li Qiang (l.) mit dem pakistanischen Premier und SCO-Gastgeber Shehbaz Sharif am Montag in Rawalpindi

Als die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) 2001 in der namensgebenden chinesischen Metropole gegründet wurde, gehörten sechs Länder dem Verbund an – neben China und Russland die zentralasiatischen Exsowjetrepubliken Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan. Inzwischen sind es zehn. Darunter Indien und Pakistan, der Gastgeber des Gipfels, der diese Woche in Islamabad stattfand. Vom 15. bis 16. Oktober sprachen acht Regierungschefs – Iran und Indien hatten Handels- bzw. Außenminister entsandt – über eine stärkere Vernetzung bei Handel und Sicherheit. Die Mongolei war als Beobachter dabei. Inzwischen gibt es bei der SCO 16 Länder mit Beobachter- oder Partnerstatus. Turkmenistan war noch als »spezieller Gast« geladen. Insgesamt vertreten die teilnehmenden Staaten 40 Prozent der Weltbevölkerung.

»Ich stehe hier im festen Bewusstsein, dass wir nicht nur das Potential besitzen, sondern auch den kollektiven Willen, eine Zukunft zu bauen, eine Zukunft, die für unsere Völker noch prosperierender, stabiler und sicherer ist«, erklärte der pakistanische Premier Shehbaz Sharif vollmundig das Ziel des Treffens. Eine »wirtschaftlich integrierte Region«, von der er als mittelfristige Vision sprach, sei unter anderem auf gut funktionierende Verbindungswege für Warentransport angewiesen. Als Beispiel nannte er den »China-Pakistan Economic Corridor« (CPEC), ein Teilprojekt der viele Milliarden US-Dollar schweren »Neuen Seidenstraße« bzw. »Belt and Road Initiative« (BRI). Mit dieser schafft China nicht nur in der Nachbarschaft, sondern mit Investitionen bis nach Europa neue Verknüpfungen auf dem Land- und Seeweg.

Entsprechend traf Premier Li ­Qiang bereits einen Tag vor Gipfelbeginn zu einer viertägigen Visite in Pakistan ein. Es war der erste Besuch eines chinesischen Regierungschefs seit elf Jahren. Zu Beginn weihten Li und Sharif den Gwadar International Airport ein. Der Flughafen in der Küstenstadt, die mit ihrem Hochseehafen auch ein wichtiger Standort an der Meeresstraße ist, stellt innerhalb des CPEC ein Schlüsselprojekt dar. 230 Millionen Euro sind an Investitionen geflossen, seit es 2019 losging. Von einem »Eckpfeiler der regionalen Entwicklung« sprach Li bezüglich des Projekts. Er versicherte Pakistan weitere Unterstützung bei seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Die Bilanz des SCO-Gipfels: 13 bilaterale Absichtserklärungen für Bildung, Forschung, Technologie und Landwirtschaft. Und acht Abkommen, darunter die »Energiekooperation 2030«. Eine Investmentagentur und eine Bankenkooperation sollen zur stärkeren Unabhängigkeit von Währungsschwankungen beitragen. Ein gemeinsamer Entwicklungsfonds wurde andiskutiert und Armutsbekämpfung zwar zur »moralischen Verpflichtung« erklärt, konkrete Ansätze gab es jedoch nicht.

Als Vorgriff für die am 11. November startende Weltklimakonferenz in Baku sprach Sharif als Gipfelleiter die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen gegen die Gefahren durch den Klimawandel an. Pakistan leidet noch immer unter den Lasten der Jahrhundertflut 2022, deren Schadensumme inzwischen von 16,5 auf 30 Milliarden US-Dollar aktualisiert wurde.

Pakistans Informationsminister Attaullah Tarar wertete die Anwesenheit des indischen Außenministers Subrahmanyam Jaishankar als »Eisbrecher« im schwierigen bilateralen Verhältnis, und Sharif betonte, man müsse längerfristig auch Afghanistan in die Planungen einbeziehen – wenn dort Terrorismus keinen Boden mehr habe. Am Rande des Gipfels verständigten sich Belarus, das seit diesem Jahr der SCO angehört, und Pakistan zudem auf eine neue gemeinsame Traktorproduktion.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (21. Oktober 2024 um 11:11 Uhr)
    Die Chinesen liegen goldrichtig! Während der Westen in demokratischen Konferenzen endlose Debatten über Nachhaltigkeit, Klimawandel und Wirtschaft führt, packt China an – und das mit einer schier beeindruckenden Effizienz. Die »Neue Seidenstraße«, oder wie wir jetzt alle ehrfürchtig sagen sollten, die Belt and Road Initiative (BRI), ist nicht bloß ein weiteres ambitioniertes Projekt. Nein, es ist der Puls einer neuen Weltordnung! Infrastruktur, von der manche Nationen nur träumen können, wird gebaut – Flughäfen, Straßen, Häfen, Korridore, all das, was der Westen vielleicht auf PowerPoint-Folien skizziert, hat China längst betoniert. Pakistan, Iran, Indien und sogar die notorisch schwierige Nachbarschaft Zentralasiens profitieren von Chinas gnadenloser Effizienz. Und warum auch nicht? Denn während die Welt den Kopf über globale Herausforderungen zerbricht, bringt China konkrete Antworten: »Verbindung« ist die neue Währung. Ein CPEC hier, ein Flughafen dort, und schon strömen die Waren. Klar, ein bisschen »Soft Power« schwingt natürlich mit – aber wer könnte das in einer Welt kritisieren, die dringend stabile Entwicklungsimpulse braucht? Chinas Geduld, ja fast Zen-artige Entschlossenheit, langfristig Einfluss durch wirtschaftliche Kooperation zu sichern, wirkt beinahe revolutionär. Man redet nicht mehr nur über »Projekte« – man macht sie. Das zeigt einmal mehr, dass vielleicht nicht immer nur endlose Gipfel und moralische Bekenntnisse nötig sind, sondern ein Bagger, ein Betonmischer und ein gut durchdachter Plan.

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