Manege frei für Brombeere
Von Kristian StemmlerSieben Wochen nach den Wahlen ist der Weg frei für Koalitionsverhandlungen in Thüringen. Nach den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, BSW und SPD, die eine sogenannte Brombeerkoalition anpeilen (nach den Parteifarben Schwarz, Lila, Rot) haben die Spitzengremien aller drei Parteien dafür grünes Licht gegeben. Zuletzt stimmte der SPD-Landesvorstand am Sonnabend für dieses Vorgehen, wie dpa berichtete. Grundlage für die Koalitionsgespräche soll ein bereits ausgehandeltes Sondierungspapier sein, das am Freitag präsentiert wurde.
Noch ist unklar, wann die Verhandlungen beginnen können, denn das BSW knüpft die Aufnahme an eine Bedingung. Zuvor müsse die vom BSW geforderte »Friedenspräambel« in einem möglichen Koalitionsvertrag verhandelt werden. Die BSW-Landesvorsitzende Katja Wolf erklärte am Sonnabend gegenüber Zeit online, es sei inakzeptabel, dass in dem Papier das Thema Krieg und Frieden und die BSW-Forderung nach mehr Diplomatie zur Beendigung des Ukraine-Krieges ausgespart blieben. Ohne Klarheit in der Friedensfrage gebe es keine Koalitionsverhandlungen. Wolf schränkte aber ein: »Die komplette Ablehnung von Waffenlieferungen würden CDU und SPD nicht mittragen können.« Aber das BSW spreche sich gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen auf Thüringer Boden aus.
Thüringens SPD-Chef Georg Maier sieht in dieser Forderung keinen Affront. »Man sollte das nicht höher hängen, als es ist«, sagte er. Kritik übte er dennoch an BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht, die weitergehende Zugeständnisse in der Friedensfrage gefordert hatte. »Ich finde Äußerungen von außerhalb nicht zielführend. Es geht um Thüringen, verdammt noch mal!« so Maier. CDU-Landeschef Mario Voigt zeigte sich am Freitag abend entspannt zur Vorbedingung des BSW. Er sei optimistisch, dass auch dieses Problem gelöst werde.
Im Sondierungspapier sind bereits diverse Forderungen enthalten, über die verhandelt werden soll, etwa verpflichtende Deutschtests für Kinder vor der Einschulung, der Erhalt aller Krankenhausstandorte und die Einstellung von 1.800 neuen Polizisten. In der Migrationspolitik wollen die drei Parteien einen »Richtungswechsel« herbeiführen und etwa die Kommunen durch eine Erhöhung der Aufnahmekapazität von Einrichtungen des Landes entlasten. Es soll eine zentrale Landesausländerbehörde geben, »die Aufnahme, Anerkennung, Integration und Rückführung bündelt«.
Kritik am Sondierungspapier kam von der Opposition: Die Linke-Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig sprach von einem »ideenlosen« Papier, das keinen Politikwechsel widerspiegele. Es bestehe vor allem aus Belanglosigkeiten und biete nichts, was Thüringen wirklich weiterbringe. Das Papier atme »den Geist der alten CDU-Herrschaft in Thüringen, ergänzt um populistische Schlagworte im Bereich der Asyl-, Innen- und Bildungspolitik«. Die Thüringer Grünen nannten das Papier der drei Parteien »Wunschkonzert ohne Konzepte«.
Da CDU, BSW und SPD im Landtag mit 44 der 88 Stimmen keine eigene Mehrheit haben, sind sie auf die Linke angewiesen. Dennoch soll es keine Tolerierungs - oder Duldungsvereinbarung mit der Partei geben, wie die drei Partner am Freitag laut dpa ankündigten. Geplant sei vielmehr ein Konsultationsverfahren mit allen fünf Fraktionen im Landtag, also auch mit Linke und AfD. Eine Zusammenarbeit mit der Thüringer AfD unter Björn Höcke schlossen die drei Parteien erneut aus.
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