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Aus: Ausgabe vom 21.10.2024, Seite 5 / Inland
Schrottimmobilien

Ein Schlupfloch gestopft

Spekulation mit Schrottimmobilien soll für Betrüger unattraktiver werden. Gesetz passiert Bundesrat
Von Gudrun Giese
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Miete kassieren, Bude verrotten lassen, ist bisher die Masche der Spekulanten: Schrottimmobilie in Bochum

Nach mehr als einem halben Jahr Diskussion ist am Freitag das »Gesetz zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien« vom Bundesrat gebilligt worden. Kommunen sollen damit eine Handhabe gegen eine miese Geschäftspraxis erhalten.

Bisher läuft es oft so ab: Ein Käufer erwirbt bei einer Zwangsversteigerung Wohnungen oder ein Haus mit erheblichen Mängeln – eine sogenannte Schrottimmobilie – zum nominell sehr hohen Preis, zahlt aber lediglich die gesetzliche Sicherheitsleistung. Damit ist er umgehend berechtigt, Wohnungen zu vermieten, denn er gilt nun als Eigentümer. Allerdings zahlt der Käufer nie den aufgerufenen Preis für die Immobilie, so dass es nach einigen Monaten zur nächsten Zwangsversteigerung kommt. Doch die bis dahin geflossenen Mieteinnahmen streicht er ein – und erzielt so Gewinne, ohne nur einen Cent in die Sanierung der Wohnungen investiert zu haben.

Mitte März ging der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur »Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien« durch das Kabinett. Der Minister illustrierte aus diesem Anlass den Ablauf von Erwerb und Vermietung solcher Immobilien: »Skrupellose Geschäftsleute ersteigern Problemhäuser, quartieren unter teils erbärmlichen Bedingungen Menschen mit Migrationsbezug dort ein und quetschen damit die Immobilien aus wie eine Zitrone – ohne den geschuldeten Preis zu bezahlen«, so Buschmann. Sie machten sich dabei das bisher geltende Recht bei Zwangsversteigerungen zu Nutze. Mit dem geänderten Gesetz bekämen Kommunen ein Instrument an die Hand, »um die Schrottimmobilien-Trickserei zu beenden«. Er wisse aus eigener Anschauung, »wie sehr Kommunen unter der Schrotthausmafia leiden«.

Mitte Mai wurde der Gesetzentwurf erstmals im Bundestag behandelt. Entscheidende Änderung gegenüber dem bisherigen Recht ist die Möglichkeit für Kommunen, eine gerichtliche Verwaltung solcher heruntergekommener Immobilien im Zwangsversteigerungsprozess zu beantragen. Auf diese Weise sollen die Vorteile von missbräuchlichen Ersteigerungen für Käufer unterbunden werden, die nur eine Sicherungsleistung hinterlegen, den Kaufpreis nie zahlen und lediglich Mieteinkünfte im Sinn haben. Während einer gerichtlichen Verwaltung der entsprechenden Immobilien würden alle Mieteinnahmen künftig an den vom Gericht bestellten Verwalter fließen. »Dadurch wird dem Anreiz entgegengewirkt, überhöhte Gebote auf Schrott- beziehungsweise Problemimmobilien abzugeben, ohne diese zu bezahlen, um aus der missbräuchlichen Ausübung der so gewonnenen Eigentümerstellung Nutzungen zu ziehen«, hieß es in der Erläuterung der Bundesregierung im feinsten Juristendeutsch. Der Gesetzentwurf wurde anschließend an den Rechtsausschuss überwiesen.

Der Bundesrat forderte zunächst in einer Stellungnahme zu dem nicht zustimmungspflichtigen Entwurf, jeweils länderspezifische Regelungen zu ermöglichen, da nicht alle Bundesländer gleichermaßen von dem Problem betroffen seien. Die Bundesregierung lehnte den Vorschlag der Länderkammer mit der Begründung ab, dass einer bundeseinheitlichen Regelung der Vorzug zu geben sei. Mit der Billigung des Gesetzes durch den Bundesrat an diesem Freitag können die Kommunen nun beginnen, die Geschäfte mit den Schrottimmobilien unattraktiver zu gestalten. Es wird sich zeigen müssen, ob die Neuregelung praktikabel ist oder sich als Papiertiger erweist, weil die Schrottimmobilienkäufer längst die nächsten rechtlichen Schlupflöcher entdeckt haben könnten.

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