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Aus: Ausgabe vom 21.10.2024, Seite 7 / Ausland
Ukraine-Krieg

Gespenster aus Ostasien

Kiew und Seoul behaupten, Nordkorea wolle Truppen in die Ukraine schicken
Von Reinhard Lauterbach
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Bitte genau hingucken: Südkoreas TV präsentiert Bilder aus Russland mit nordkoreanischen Soldaten (Seoul, 18.10.2024)

Angeblich sollen sich bis zu 12.000 Solodaten aus Nordkorea auf einen Einsatz an der Seite Russlands im Ukraine-Krieg vorbereiten. Dies geht aus Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij sowie einer Mitteilung des südkoreanischen Nachrichtendienstes hervor. Gesehen hat diese Truppen an der Front noch niemand; auch was sie dort tun sollen, ist nicht bekannt. So hat der ukrainische Militärgeheimdienst GUR schon vor Wochen behauptet, nordkoreanische Soldaten sollten zur Rückeroberung des Kursker Gebiets – also auf russischem Boden – eingesetzt werden; eine andere Version lautete bereits vor längerer Zeit, es handle sich um Baueinheiten, die in dem Gebiet Befestigungen errichten sollten. Nach anderen Aussagen von ukrai­nischer Seite sollen die Nordkoreaner im russischen Gebiet Brjansk ein militärisches Training durchlaufen – was nicht ganz logisch erscheint, wenn es sich um Angehörige von Elite- und Spezialeinheiten handeln soll, wie am Sonnabend der britische Telegraph spekulierte. Allerdings unter dem Vorbehalt, dass die nordkoreanischen Spezialtruppen »eine der geheimsten Formationen der Welt« seien.

Bis zum Beweis des Gegenteils muss man vermuten, dass der von Kiew ausgelöste Hype um Putins angebliche nordkoreanische Hilfstruppen den Eindruck erwecken soll, dass auch in Russland die mobilisierbaren Reserven zurückgingen. Dass dies in der Ukraine der Fall ist, wurde am Sonnabend von einem Sprecher des Generalstabs offen zugegeben. Nach seiner Aussage sind derzeit etwa 20.000 Ukrainer in militärischer Ausbildung; noch vor wenigen Wochen seien es mit 35.000 fast doppelt so viele gewesen.

Das erlaubt rechnerisch die versuchsweise Verlängerung der Grundausbildung für das ukrainische Militär von 30 auf 45 Tage. Der Generalstab teilte ebenfalls mit, diese verlängerte Ausbildung, die auch Grundlagen der Drohnensteuerung und »Überleben an der Front« umfassen solle, werde einer Gruppe von 500 Rekruten zuteil. Bei der Bundeswehr dauert die Grundausbildung in der Regel drei Monate; kürzere Fristen gelten für Sportsoldaten und angehende Feldjäger, jedoch könne damit »der militärische Ausbildungsstandard (…) nicht in allen Punkten erreicht werden«. Ukrainische Frontoffiziere beklagen seit langem den mangelhaften Ausbildungsstand der frisch an die Front geschickten Rekruten, der sie für Kampfaufgaben untauglich mache und ihnen eine Überlebenschance von nur wenigen Tagen gebe. Selbst ein beinamputierter Veteran des faschistischen »Asow«-Regiments räumte in einer Sendung des Kiewer Fernsehens vor einigen Tagen ein, dass die Einberufung bedeute, dass man »entweder auf Krücken oder gar nicht« zurückkomme.

Vor diesem Hintergrund wird plausibel, was am Sonnabend aus Odessa gemeldet wurde: Der Leiter einer »freiwilligen Hilfspolizei«, die sich an den Greifaktionen im Rahmen der Zwangsmobilisierung beteiligt, sei am Straßenrand neben seinem Auto erschossen aufgefunden worden. Seit Monaten kommt es immer wieder zu Brandstiftungen an Autos des ukrainischen Militärs oder seiner zivilen Helfer. Täter werden nur selten gefasst; die Vielzahl von Videoaufnahmen von gewaltsamen Mobilisierungsaktionen deutet auf einen verbreiteten Hang zum mindestens passiven Widerstand gegen die Einberufungen hin. Aus diesem Grund soll jetzt – so die ukrainische Armeeführung am Wochenende – die Veröffentlichung solcher Videos als »Behinderung der Streitkräfte« bestraft werden.

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