Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 21.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kollabierende Finanzinstitute

Erträumte Sicherheit

Immer wieder ertönt der Ruf nach schärferen Vorschriften für Banken. Doch Krisen lassen sich nicht wegregulieren
Von Dominic Iten
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Alptraum der Banker: Pleite und Superinflation. Hier Geldlieferung an die Reichsbank in den 1920er Jahren

Am 11. Oktober veröffentlichte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) seinen Bericht zu jüngsten Turbulenzen in der Branche. 15 Jahre nach der globalen Finanzkrise 2008 ging 2023 die US-amerikanische Silicon Valley Bank (SVB) Konkurs. Es folgte der Crash der Signature Bank, etwas später jener der First Republic Bank, die trotz großer Liquiditätsspritzen anderer Finanzinstitute nicht mehr zu retten war und schließlich vom Branchenriesen J. P. Morgan Chase übernommen wurde. In Europa wurde derweil eine der größten und ältesten Banken nach 167 Jahren aufgelöst: Nach einer staatlich orchestrierten Aktion ging die einst renommierte Credit Suisse (CS) für drei Milliarden Schweizer Franken im rivalisierenden Branchenriesen UBS auf.

»Alle Banken, die während der Bankenturbulenzen im Jahr 2023 in Schwierigkeiten gerieten, erlebten eine Reihe von Liquiditätsschocks«, stellt der BCBS fest und zweifelt deshalb an der Wirksamkeit der Regeln, die infolge der Finanzkrise von 2008 aufgestellt wurden. Für jene, die den verklausulierten BCBS-Bericht nicht lesen mögen, fasste die Financial Times zusammen: Die gefallenen Banken zögerten, »Vermögenswerte zu verkaufen, die sie zur Bewältigung potentieller Mittelabflüsse besaßen, weil sie dadurch gezwungen gewesen wären, nicht erfasste Verluste zu kristallisieren«.

Bestimmte Vermögenswerte wie zum Beispiel Staatsanleihen wurden von den Banken unter der Annahme bilanziert, dass sie bis zur Fälligkeit gehalten würden. Verlieren diese zwischenzeitlich an Wert, entstehen für die Bank daraus keine Verluste – es sei denn, sie müssen zu einem unerwünschten Zeitpunkt verkauft werden. Mit anderen Worten: Die Banken hatten sich mit ihren spekulativen Geschäften selbst geknebelt, die Beschaffung der notwendigen Liquidität hätte gewaltige Verluste bedeutet.

Die schärferen Liquiditätsvorschriften, welche das BCBS, das 1974 durch zehn Notenbanken westlicher Staaten (G10) gegründet und technisch an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angebunden wurde, nun verlangt, könnten solche Absurditäten vielleicht ansatzweise verhindern und die Banken minimal krisenfester machen. Doch letztlich bleiben die tieferliegenden Ursachen der Bankencrashs von solchen Maßnahmen unberührt. Dasselbe gilt für den Entscheid der Schweizer Finanzmarktsaufsicht (Finma), die wenige Tage nach dem BCBS-Bericht entschied, dass die UBS nach der Integration der Credit Suisse ihre Notfallpläne für den Sanierungs- und Liquidationsfall überarbeiten müsse.

Laut Finma müsse die Krisenplanung der UBS flexibler werden und mehr Optionen bieten. In künftigen Krisenfällen sollen einzelne Geschäftsfelder abgetrennt und einzeln in den Konkurs geschickt werden können. Außerdem fordert die Finma, ähnlich wie der BCBS-Bericht, eine Verschärfung der Liquiditätsvorschriften.

Das ist nichts Neues. Immer wieder ertönen Rufe nach strengeren Regeln für den Finanzsektor. Dass diese letztlich nie durchgesetzt werden, liegt an den internationalen Interessengegensätzen und dem Unwillen der Politik, die nicht zuletzt wegen personeller Verknüpfungen mit dem Finanzkapital schärfere Regelwerke für die Finanzinstitute jeweils ausbremst. So warnte UBS-Chef Sergio Ermotti nach dem jüngsten Entscheid der Finma umgehend davor, die internationale Wettbewerbsfähigkeit seiner Großbank zu schwächen – und dürfte damit in der bürgerlich dominierten Politik Unterstützung finden.

Aber selbst, wenn sich die Politik dazu durchringen sollte, die Bankgeschäfte mit schärferen Vorschriften zu belegen, würden damit Crashs kaum verhindert. Die endlosen Diskussionen um Regulierungen im Kleinstbereich sollen suggerieren, mit verschärften Liquiditätsvorschriften, erhöhten Eigenkapitalquoten oder Entflechtungen von einzelnen Geschäftsbereichen könnten Sicherheiten geschaffen werden. Was sich aber in Form von fallenden Profitraten, schwacher Investitionstätigkeit, wachsender Armut und einem trotz staatlicher Unterstützung schwächelnden Finanzsektor ausdrückt, ist für den Kapitalismus eine Krise, die sich nicht wegregulieren lässt.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (21. Oktober 2024 um 11:04 Uhr)
    Banken – die unermüdlichen Helden ihrer selbst geschaffenen Krise. Was wären wir bloß ohne Banken? Jahr für Jahr retten sie sich mit olympischer Anmut aus einer Krise in die nächste, nur um dann erneut zu beklagen, dass die Regulierung ihnen die Luft zum Atmen nimmt. Der Finanzwelt geht es so gut, dass sie diese Krisen fast herbeisehnt – wie eine unerschütterliche Tradition. Und warum? Weil es doch so herrlich ist, immer wieder dieselben Probleme zu haben und dann heldenhaft zu tun, als wäre diesmal wirklich alles anders. Banken sind die Soap-Oper des Kapitalismus: gleiche Storylines, neue Gesichter, und die Dramatik bleibt uns treu. Wer könnte sich ein Leben ohne diesen Nervenkitzel vorstellen? Doch wenn Sie glauben, strengere Regeln könnten das Ende dieser glamourösen Krisen bedeuten, irren Sie sich gewaltig. UBS-Chef Sergio Ermotti, der mittlerweile fast das gesamte Schweizer Bankenwesen in der Tasche hat, warnte schon panisch davor, dass neue Regelungen den Wettbewerb schwächen könnten. Denn der Erfolg der Banken hängt ja nicht etwa von solider Finanzpraxis oder langfristiger Planung ab, sondern von ihrer Freiheit, sich möglichst kreativ in den Bankrott zu spekulieren. Schließlich, wer will schon in einem kontrollierten Umfeld Gewinne machen? Das wäre ja furchtbar langweilig! Selbst wenn die Politik sich irgendwann dazu durchringen sollte, wirklich durchzugreifen, wissen wir doch alle, wie das enden würde: ein paar reumütige Entschuldigungen, ein paar Politiker auf den roten Teppichen der Bankenlobbys, und schon läuft alles wie gehabt. Die Banken leben von Krisen, nicht trotz ihnen – ein faszinierendes Paradoxon, das wir alle still bewundern sollten. Vielleicht ist es am Ende gar keine Krise des Kapitalismus, sondern seine ultimative Selbstbestätigung? Aber das wäre dann fast zu perfekt, um es nicht noch einmal zu durchleiden.

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