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Aus: Ausgabe vom 21.10.2024, Seite 16 / Sport
Tischtennis

Wo der Hammer hängt

So spannend war die Tischtennis-EM im österreichischen Linz
Von René Hamann
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Schlug sich und den Ball ganz hervorragend: Benedikt Duda

Eines vorweg: Zum Traumfinale bei den Herren sollte es bei der Tischtennis-EM in Linz nicht kommen. Während sich Truls Möregårdh wacker durchkämpfte, scheiterte Félix Lebrun, der junge Topstar, überraschend im Viertelfinale gegen den immer guten Benedikt Duda. Lebrun sah nach dem Match rot: Erst warf er seinen Schläger, dann gab es die rote Karte. Bitter für ihn: Die errungenen Weltranglistenpunkte wurden ihm aberkannt.

Dang Qiu, der deutsche Titelverteidiger, musste dann die Rache des großen Bruders spüren. Er verlor gegen Alexis Lebrun mit 1:4, ebenfalls im Viertelfinale. Die Halbfinals bei den Männern also lauteten: A. Lebrun – Möregårdh, und Duda – Dimitrij Ovtcharov in einem rein deutschen Duell.

Aber von vorne. Es war mächtig viel los in Linz. Das Programm war dicht. Von Dienstag an fanden vier Wettbewerbe statt – vom Einzel bis zum Doppel, Männer, Frauen und Mixed. Die Schwedin Christina Källberg wurde zum prominentesten Opfer des engen Zeitplans, brach am Donnerstag in Tränen aus, eher aus Erschöpfung denn aus Frust. An diesem Tag musste sie viermal innerhalb von fünf Stunden spielen. Im Interview mit dem schwedischen Fernsehen sagte sie: »Ich wollte einfach nur raus hier, wirklich.« Am Freitag erhörte sie das Schicksal – gegen die amtierende Europameisterin Sofia Polcanova aus Österreich hatte sie beim 0:4 keine Chance. Die Strapazen sollten ein Ende haben.

Polcanova indes spielte sich souverän durchs Turnier. Nach dem verpassten Gold im Mixed surfte sie souverän in den Finaltag, den Sonntag, sowohl im Doppel mit der Rumänin Bernadette Szőcs wie auch im Einzel. Was das Doppel betrifft: Kein Wunder, wenn die beiden besten Einzelspielerinnen ein Doppel bilden.

Die Stimmung im Publikum war durchweg gut, auch wenn man konstatieren muss, dass ein Event wie dieses ein noch größeres Publikum (und eine kompatiblere Halle) verdient hätte. Linz, die Hauptstadt des österreichischen Tischtennis, gab sich aber alles in allem sympathisch; die Nähe zur Grenze bewirkte, dass auch zahlreiche Deutsche den Weg in die Halle fanden.

Es waren die vielen kleinen Eindrücke, die von diesem großen Event bleiben: Sofia Polcanova, die mit Kopfhörern bewehrt stoisch in die Halle schreitet. Alle Spielenden mit Rollkoffern, nur wenige mit Rucksack, kaum eine oder einer mit Sporttasche. Der von den Oberösterreichischen Nachrichten zum »Oberösterreicher des Tages« gekürte Sektionsleiter des Wettbewerbs, der erzählte, wie 4.000 Quadratmeter Spezialboden für das Turnier verlegt werden mussten und dass er für seine 18-Stunden-Schichten 50 Euro Aufwandsentschädigung ohne Unterkunft pro Tag ausbezahlt bekommen hat.

Spielerinnen wie Georgina Póta, 39 Jahre alt und Mutter, die vor über zehn Jahren ihre letzten Erfolge feiern durfte, hier aber, angetrieben von ihrem unermüdlich schimpfenden Coach, immerhin bis ins Achtelfinale kam – nachdem sie das große Nachwuchstalent Prithika Pavade aus Frankreich besiegen konnte. Letztere hing nach dem Match noch eine Weile traurig im Stuhl; ihr Turnier endete bereits am Freitag, statt wie erhofft erst am Sonntag. Noch eine französische Enttäuschung.

Die Deutschen schlugen sich indes viel besser als erwartet. Und mehr als das: Es war, als wollten sie Schweden und Franzosen noch einmal zeigen, wo der Hammer hängt. Bei den Damen erreichten Yuan Wan und Sabine Winter das Viertelfinale. Früh Schluss war leider für Annett Kaufmann, die im Sechzehntelfinale gegen Bernadette Szőcs nicht den Hauch einer Chance hatte. Auch im Mixed mit Patrick Franziska war sie ein wenig der Pechvogel – immerhin gab es nach vergebenen Matchbällen im Halbfinale gegen Polcanova/Gardos die erste Medaille für die aufstrebende 18-jährige, wenn auch nur aus Bronze.

Nina Mittelham steigerte sich von Runde zu Runde und schaffte es ebenso in die Medaillenränge. Im Halbfinale ging es für sie gegen die Titelverteidigerin Polcanova, die Wiederauflage des Finales von München. Diesmal war sie beim 1:4 allerdings recht chancenlos. Das Finale spielten also Szőcs (Sieg gegen Maria Xiao aus Spanien) und eben Polcanova. Dummerweise nach Redaktionsschluss. Schlagen Sie deshalb auch morgen wieder diese Zeitung auf, um von den Resultaten zu erfahren!

Bei den Herren schlugen sich Benedikt Duda, Patrick Franziska, Dimi­trij Ovtcharov und Dang Qiu bis ins Viertelfinale durch. Dort gelang Duda, siehe ganz oben, die Sensation gegen den jüngeren Lebrun; Ovtcharov gewann das erste von zwei rein deutschen Duellen gegen Franziska. Auch die Endergebnisse der Herren lesen Sie morgen auf dieser Seite.

Überraschungen gab es auch – so das frühe Ausscheiden der Dänen, allen voran Anders Lund, der vor kurzem erst noch den Weltranglistenersten Wang Chiqun aus China schlagen konnte. Oder der Auftritt des jungen Deutschen Andre Bertelsmeier, der sich gegen Topfavorit Félix Lebrun tapfer wehrte und immerhin einen Satz für sich verbuchen konnte. Sprachen wir nicht neulich davon, dass der deutsche Nachwuchs fehlt? Hier kommt der Gegenbeweis.

Aber Lebrun sollte ja noch einen ganz anderen deutschen Gegner kennenlernen. Das Traumfinale gegen Möregårdh muss so noch zwei Jahre warten. Oder, um mit den Worten des Turnierdirektors Alen Ivancin zu schließen: »Es ist hart, aber so ist Tischtennis.«

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