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Aus: Ausgabe vom 23.10.2024, Seite 4 / Inland
Deutschland und Katar

Ziemlich beste Freunde

Bundeskanzler Scholz empfängt Emir von Katar. Energiepolitik und Investitionen im Fokus
Von Karim Natour
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Bundeskanzler Scholz begrüßt den Emir von Katar auf Schloss Meseberg (Gransee, 22.10.2024)

Als Bundeskanzler Olaf Scholz im Oktober 2023 den Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, empfing, hagelte es Kritik. Ein Jahr später geht der Staatsbesuch glatt über die Bühne. Am Dienstag empfing Scholz den Staatschef des Golfstaats auf Schloss Meseberg in Brandenburg. Es sei gelungen, eine »strategische Partnerschaft« mit Deutschland aufzubauen, zu dem eine »starke historische Freundschaft« bestehe, heißt es in einer Mitteilung der katarischen staatlichen Nachrichtenagentur im Anschluss an das Treffen. Der außenpolitische Berater von Bundeskanzler Scholz, Jens Plötner, resümierte demnach, die Beziehungen seien »noch nie so gut wie heute« gewesen.

Im Zentrum der Gespräche, an denen unter anderem der katarische Energieminister Saad Al-Kaabi teilnahm, standen die bilateralen Beziehungen und vor allem die energiepolitische Zusammenarbeit. Diese ist insbesondere seit den EU-Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 von besonderer Relevanz. Ab 2026 sollen jährlich zwei Millionen Tonnen Flüssigerdgas aus Katar nach Deutschland exportiert werden. Das im November 2022 geschlossene Abkommen gilt zunächst für 15 Jahre. Im September 2022 hatte sich Scholz in der katarischen Hauptstadt Doha mit dem katarischen Staatschef für Gespräche zum Thema getroffen. Einen Tag später wurden drei der vier Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee, die die Bundesrepublik mit Gas aus Russland versorgten, gesprengt und außer Betrieb gesetzt – das Gas aus Katar war auf einen Schlag noch attraktiver.

Das winzige Emirat am Persischen Golf mit rund 2,8 Millionen Einwohnern ist jedoch nicht nur als Energielieferant von Bedeutung. Das Land investiert im großen Stil in deutsche Unternehmen. So hält die Qatar Investment Authority bedeutende Anteile an Konzernen wie der Deutschen Bank, RWE und Volkswagen. Ihr Leiter stand ebenfalls auf der Teilnehmerliste des Treffens, berichtete das US-amerikanische Portal The Media Line am Dienstag. Demnach war auch die mögliche Übernahme einer Beteiligung an der PCK-Raffinerie in Schwedt, die mehrheitlich dem russischen Mineralölkonzern Rosneft gehört, auf der Tagesordnung. Und Katar ist noch in anderer Hinsicht für Deutschland von Interesse: Ende August 2024 schob die Bundesregierung zum ersten Mal seit der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 Menschen nach Afghanistan ab. Der Flug wurde von der staatlichen Airline Qatar Airways durchgeführt. Das Land unterhält Beziehungen zur Regierung in Kabul, was auch für die zukünftige deutsche Abschiebepolitik von Bedeutung sein dürfte.

Umgekehrt ist die Partnerschaft mit Berlin für die Golfmonarchie eine Gelegenheit, sich als globaler Akteur zu positionieren und eine zukünftige regionale Isolation, wie zwischen 2017 und 2021, zu verhindern. Auch des schlechten Images, das Doha vor allem wegen Menschenrechtsverstößen im Zuge der Fußballweltmeisterschaft 2022 hat, versucht man sich wohl durch Kooperation mit EU-Staaten zu entledigen. Der Emir hatte am Montag die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni in Rom getroffen und ein Abkommen für verstärkte Zusammenarbeit beim Tourismus geschlossen.

Kritiker der Partnerschaft haben in der Vergangenheit vor allem Katars gute Beziehungen zur palästinensischen Hamas bemängelt. Die Golfmonarchie unterstützt die islamistische Partei seit Jahren finanziell. Seit 2018 hat das Land Beträge zwischen 15 und 30 Millionen US-Dollar pro Monat nach Gaza geschickt – mit dem Segen Israels, wie CNN im Dezember 2023 berichtete. Führende politische Vertreter wie der im August in Teheran ermordete Ismail Hanija hatten jahrelang ihren Sitz in Doha. Auch das Politbüro der Partei befindet sich dort. Aktuell dient Katar als Plattform für Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Israel und der Hamas. Nach den Angriffen der Organisation in Südisrael am 7. Oktober 2023 nahm die Kritik an Katar zu. Dabei waren es 2011 die USA, die die Golfmonarchie aufgefordert hatten, der Hamas-Führung eine Basis zur Verfügung zu stellen, um die Kommunikation mit der Gruppe zu erleichtern. Und auch sonst sind die Beziehungen zum Westen gut. Das Land ist, wie Israel, ein »wichtiger Nicht-NATO-Verbündeter« der USA, die auf der Halbinsel mit dem Luftwaffenstützpunkt Al-Udeid einen Dreh- und Angelpunkt ihrer militärischen Operationen in der Region betreiben.

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