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Aus: Ausgabe vom 23.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Sympathieträger des Tages: Kulanter Vermieter

Von Max Ongsiek
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Wer seine Miete nicht pünktlich zahlt, kann in NRW seiner Tür verlustig gehen

Ein eigenes Stück Land mit einem Häuschen drauf. Das wäre toll. Sein eigener Herr sein. Ganz ohne nervige Nachbarn, die einen wegen jeden Furzes anzeigen oder ständig sturmklingeln, »weil das Kind ja wieder schreit«. Schade, dass man ganz ohne reiche Eltern auf die Welt gekommen ist, sonst hätte man sich bestimmt dieses schöne Häuschen im Grünen gekauft. Ganz ohne geldgeile Vermieter, denen das schimmelige Badezimmer am Ende doch ziemlich egal ist – habt halt falsch gelüftet. Statt eigener Herr ist man des Vermieters Knecht.

Im Grunde weiß jeder um die Verhältnisse. Das Haus- und Wohnungseigentum in einer Stadt wie zum Beispiel Berlin konzentriert sich bei wenigen Immobilienunternehmen, deren Geschäftspraktiken vor allem einem Zweck dienen: den persönlichen Reichtum solcher Anteilseigner zu mehren, die sechs Monate im Jahr auf ihrer Yacht im Mittelmeer brüten. Neue Fenster für Mieter in zugiger Bude an lärmerfüllter Straße interessieren solche Klientel eher weniger. In Zeiten von Mietwucher und Wohnraummangel, gerade in Berlin, schränkt kein Gesetz dieses irgendwie neofeudale Verhalten ein.

Das Piesacken von Mietern geht allerdings nicht nur in Berlin leicht von der Hand. Heißester Anwärter auf den Titel dreistester und gierigster Vermieter ist ein Hauseigentümer aus dem nordrhein-westfälischen Stolberg, der, wie jetzt bekannt wurde, seinem Mieter mal eben die Wohnungstür aus den Angeln hob, weil der mit der Zahlung im Verzug war. Statt Mahnung und Klage auf dem Rechtsweg, besser gleich ein rabiates Exempel statuieren. Solches Gebaren nach Gutsherrenart wurde dann auch noch von den Polizisten übertroffen, die für solche »zivilrechtlichen Streitigkeiten ohnehin gar nicht zuständig« seien und sich beschwerten, dass der »türlose« Mieter ständig den Notruf wählte. Was kommt beim nächsten Mietverzug: Rammbock, Räumkommando oder Abrissbirne?

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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