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Aus: Ausgabe vom 23.10.2024, Seite 11 / Feuilleton
Jazz

Blue-Eyed Soul

Zum Tod der Sängerin Barbara Dane
Von Thomas Grossman
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Barbara Dane (12. Mai 1927–20. Oktober 2024) im Jahr 1965

»Die Welt braucht mehr Menschen wie Barbara Dane; jemand, der nicht anders kann, als seinem Gewissen zu folgen. Sie ist, wenn man es so nennen will, eine Heldin.« Das sagte Bob Dylan einmal über sie.

Am vergangenen Sonntag ist die Sängerin, Gitarristin, Songwriterin und politische Aktivistin Barbara Dane im Alter von 97 Jahren in einem Hospiz in Oakland, Kalifornien, verstorben. Geboren wurde sie am 12. Mai 1927 in Detroit. Die Eltern waren aus Jonesboro, Arkansas, zugezogen und betrieben am nordwestlichen Stadtrand eine Drogerie. Als der Vater die neunjährige Barbara einmal scharf zurechtwies, weil sie einem Afroamerikaner eine Coca-Cola verkauft hatte (er befürchtete, in der weißen Nachbarschaft die Kundschaft zu verlieren), erwachte ihr Unrechtsbewusstsein – sie behielt es ein Leben lang.

Mit 14 hatte sie Gesangsunterricht in einer Musikschule. Die glamouröse Opernwelt faszinierte sie zunächst, aber sie wollte Blues singen. Mit 18 trat sie in die Kommunistische Partei ein. So war es naheliegend, dass sie nach dem Absolvieren der Highschool auf Demonstrationen und bei Streiks sang.

1949 zog sie nach San Francisco, wo sie eine Familie – mit dann drei Kindern – gründete. Trotzdem fand sie die Zeit, mit Blues und Jazz in der Szene zunehmend bekannter zu werden. 1958 trat sie im Vorprogramm von Louis Armstrong auf, aber eine geplante gemeinsame Europatournee scheiterte, weil das US-Außenministerium heimlich dafür gesorgt hatte, wie sie erst 2003 herausfinden sollte.

Sie stand für eine Zeit gleichsam auf einer schwarzen Liste. Dafür wurde sie vermehrt von linken Kreisen zu Auftritten eingeladen. 1959 sang sie auf dem ersten Newport Folk Festival, bald eine feste Adresse für Folkmusik, die mächtig im Aufblühen war. In Greenwich Village, New York, dem damaligen Folk-Mekka, traf sie auf den jungen Bob Dylan, der ihr seine neuen Songs vorspielte. Barbara Dane: »Ein enormes Talent, versteckt in einem liebenswerten Schlingel. Aber Bob war hungrig nach Ruhm, und das hat mich nie interessiert.« So lehnte sie auch das Angebot von Dylans Manager Albert Grossman ab, auf politische Songs zu verzichten, um bei ihm unter Vertrag zu kommen.

Sie wollte politische Aktivistin bleiben, sang nun vor allem Protestlieder. 1966 trotzte sie dem Embargo und besuchte nach einer Einladung Kuba, unterhielt sich dort auch drei Stunden lang mit Fidel Castro: »Ein einmaliger Moment«, so Dane. 1972 nahm sie am Festival des politischen Liedes in Ostberlin teil. 2022 erschien ihre lesenswerte Autobiographie »This Bell Still Rings«, 2023 Maureen Goslings Dokumentarfilm »The 9 Lives of Barbara Dane«.

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