Die sächsische Offensive
Von Andreas MüllerDie für 2025 geplante Bundesagentur für den Spitzensport soll nach Sachsen. Zumindest, wenn es nach Armin Schuster geht, den für den Sport im grün-weißen Freistaat zuständigen Landesinnenminister. Leipzig als Sitz für dieses »Spitzensportgehirn« sei der ideale Standort und weit besser geeignet als etwa Berlin oder Frankfurt am Main, betonte Schuster am Sonnabend im Deutschlandfunk. Im Vergleich zu diesen Mitbewerbern, in den Städten residieren das für Leistungssport zuständige Bundesinnenministerium (BMI) bzw. der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), sei Leipzig ein »neutraler Ort«, was bestens zum Charakter der neuen Schaltzentrale als einer unabhängigen Agentur passe. Ähnlich haben sich der CDU-Politiker und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), eine Art »Zwei-Personen-Sport-Groko«, in einem gemeinsamen Brief Mitte Oktober gegenüber Bundesinnenministerin Nancy Faeser geäußert.
Die Messestadt an der Pleiße sei außerdem lediglich eine gute Zugstunde von der Metropole an der Spree entfernt. Schuster: »Das ist für uns ein starkes Argument. (...) Da rechnen wir mit guten Chancen. Solche Institutionen sollten auch mal im Osten angesiedelt werden.« Allein deshalb, weil der Region ein Konzept verspochen wurde, das für Ausgleich und Fairplay sorgen und Neuansiedlungen von Firmen und Institutionen befördern solle. Neben neuen Arbeitsplätzen geht es den »Leipzig-Lobbyisten« darum, die Stadt als Sportmetropole aufzuwerten. Schließlich könne die neue Agentur »positive Effekte« fürs ortsansässige Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) mit sich bringen. Oder für die Sportwissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig, wo mangels Trainernachwuchs gerade an der Renaissance einer »kleinen DHfK« gebastelt wird, nachdem die seinerzeit international renommierte Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport als hochprofessionelle Ausbildungsstätte nach 1989 gegen die bornierte Sportpolitik vornehmlich westdeutscher Provenienz nichts auszurichten vermochte und Ende 1990 ihren Betrieb einstellen musste.
Der künftige Standort für die neue Steuerzentrale des Spitzensports ist nur eine der noch offenen Fragen. Das Ziel immerhin ist definiert: Dank professioneller Lenkung soll das Millionenbudget effizienter eingesetzt werden, nicht zuletzt, um zukünftig bessere Ergebnisse zu erzielen als unlängst der zehnte Rang im Medaillenspiegel bei den Olympischen Spielen in Paris.
Bevor die Leipziger Wünsche in Erfüllung gehen können, braucht es freilich das Bundestagsvotum über ein bereits in zweiter Fassung vorliegendes Sportfördergesetz. Der erste Entwurf vom Frühjahr dieses Jahres war unter anderem beim DOSB mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Die zweite Fassung wurde vom Dachverband des Sports kürzlich mit 15 Änderungsvorschlägen bedacht. Ein besonders wichtiger betrifft die Vergütung des Personals von der Trainergilde bis zu den Beschäftigten in Management, Organisation und Verwaltung der Sportfachverbände. »Der vorliegende Entwurf gibt nun die Möglichkeit, (…) einen Verweis auf die Regelungen des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes (TVöD) in der Gesetzesbegründung herzustellen und in der Folge die Möglichkeit für adäquate und regelmäßige Gehaltsanpassungen des Leistungssportpersonals zu eröffnen«, heißt es in der Stellungnahme des DOSB. Konkreter: Die Entlohnung etwa der Trainerinnen und Trainer, die bislang an kein Tarifsystem gekoppelt ist, soll mit diesem Gesetz verbessert werden und eine arbeitsrechtliche Grundlage erhalten.
Immer noch wird an Formulierungen gefeilt, hinter denen sich leicht Millionenbeträge verbergen können. Ob das Papier die parlamentarischen Hürden rechtzeitig vor den Bundestagswahlen im Herbst 2025 überwinden wird, ist unklar. Es besteht weiterhin reichlich Gesprächsbedarf. Zum Beispiel bei den Aktiven, die am 29. Oktober eine »gemeinsame Erklärung zum Sportfördergesetz« vorlegen wollen. Der Tenor ist bekannt: Der momentane Entwurf weise »eine Unwucht zugunsten von Verbandsinteressen« auf und verpasse »die historische Möglichkeit, die Rechte und Interessen der Athletinnen und Athleten angemessen zu verankern«. Eine weitere Fassung dürfte folgen.
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