Kinder im Knast
Von Thomas Berger, DarwinEine Gesetzesreform der konservativen Regionalregierung im australischen Northern Territory schlägt weiter Wellen. Chefministerin Lia Finocchiaro, die auch das zuständige Kabinettsressort für Polizei und innere Sicherheit leitet, hat vergangenen Donnerstag erfolgreich einen Gesetzentwurf durch das Regionalparlament gebracht, um das Alter für Strafmündigkeit in dem Bundesstaat wieder abzusenken – von zwölf auf zehn Jahre. Erst im vergangenen Jahr war es von der Vorgängerregierung angehoben worden.
Zuletzt hatte sich sogar Anne Hollands, die australische Beauftragte für Kinderschutz, eingeschaltet. Sie wollte der Regierung, bestehend aus Liberal Party, Labor und Greens und seit einem deutlichen Wahlsieg im August erst frisch im Amt, unbedingt noch einmal ins Gewissen reden, hatte sie gegenüber ABC angegeben. Sie war keineswegs die einzige, bei der angesichts der ersten Reform der neuen Administration nach wenigen Wochen im Amt die Alarmglocken schrillten. Auch die nationale Menschenrechtskommission hatte jüngst in einem umfassenden Papier zum Jugendschutz empfohlen, die Strafmündigkeit landesweit einheitlich auf 14 Jahre anzuheben. Doch das war der Regionalregierung in Darwin egal.
Das Alter von 14 Jahren gilt auch bei den Vereinten Nationen als Grenze, nach der Heranwachsende für ihr eigenes Handeln juristisch belangt werden können. Australien liegt mit derzeit nahezu überall geltenden zehn Jahren deutlich darunter.
Hinzu kommt, dass vor allem Kinder von Aborigines von der frühen Strafmündigkeit betroffen sind. Auch in dem Gebiet zwischen Darwin und Alice Springs gilt: 94 Prozent der Kinder, die dort 2022 und 2023 im Gefängnis saßen, waren Aborigines. Grund, weshalb sich auch die Kinderrechtsbeauftragte des Northern Territory, Shahleena Musk, vehement gegen die Pläne ihrer Regionalregierung stellte. Sie hatte Mitte Oktober einen neuen Bericht zur Thematik vorgelegt. Gegenüber der National Indigenous Times sagte sie: »Die Bedürfnisse der Kinder in bezug auf Behinderung, Trauma und psychische Gesundheit hätten früher erkannt und außerhalb des Justizsystems behandelt werden müssen.« Eine Inhaftierung berge ernsthafte Risiken für ihr zukünftiges Wohlergehen.
Da die meisten Bundesstaaten mittlerweile wieder unter sozialdemokratischer Ägide stehen, gibt es zumindest in anderen Landesteilen eine leicht positive Tendenz: Das südliche Victoria beispielsweise hatte zur Jahresmitte angedeutet, die Strafmündigkeit wieder anheben zu wollen. »Zehn- und Elfjährige gehören nicht vor die Strafjustiz, sondern in die Schule und an Orte, wo sie Unterstützung erhalten«, betonte Jacinta Allan, die der dortigen Regionalregierung vorsteht. Im Hauptstadtterritorium Australian Capital Territory hat man die Anhebung auf 14 Jahre bereits beschlossen. Sie tritt Anfang 2025 mit wenigen Ausnahmen in Kraft.
Ansatzweise reformwillig zeigt sich ebenfalls South Australia. Dort hatten Initiatoren einer Kampagne im Jahr 2022 knapp 12.000 Unterschriften an die Politik übergeben, um eine Anhebung der Strafmündigkeit auf 14 Jahre zu erreichen. So weit will die Regionalregierung bisher nicht gehen, sie prüft laut Generalstaatsanwalt Kyam Maher aber eine Erhöhung auf zunächst zwölf Jahre – ausgenommen schwerwiegende Delikte wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung und schwere Körperverletzung. Schon vor zwei Jahren hatte Maher, der in Personalunion zudem Minister für indigene Angelegenheiten ist, darauf verwiesen, dass auch in Südaustralien hauptsächlich Kinder und Jugendliche aus Aborigines-Familien im Gefängnis einsitzen. Im Vorjahr, so das südaustralische Onlinenachrichtenportal In Daily, waren es 43 Minderjährige im schulfähigen Alter, die im Jugendknast Kurlana Tapa eine Haftstrafe abzubrummen hatten – nahezu alle stammten aus indigenen Familien.
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