Angriffsplan geleakt
Von Wiebke DiehlDas US-Flugabwehrsystem THAAD (Terminal High Altitude Area Defense) sei in Israel »einsatzbereit« stationiert und man habe »die Fähigkeit, es sehr schnell in Betrieb zu nehmen«. Das sagte der US-amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin am Montag in Kiew. Das Luftabwehrsystem, das US-Präsident Joseph Biden mitsamt etwa 100 Soldaten, die es bedienen sollen, nach Israel entsandt hat, soll mögliche zukünftige Angriffe, die in Reaktion auf israelische Attacken auf den Iran erfolgen könnten, abwehren. Es soll ballistische Raketen innerhalb und außerhalb der Erdatmosphäre abfangen können und nutzt eine Kombination aus Radar und Abfangraketen. Seine Raketen haben eine Reichweite von 150 bis 200 Kilometern.
Erst vor wenigen Tagen hat der »Middle East Spectator«, ein Telegram-Kanal mit Schwerpunkt auf Nahostnachrichten, zwei der US-amerikanischen Behörde »National Geospatical Intelligence Agency« zugeschriebene, streng geheime Dokumente geleakt, aus denen der Kenntnisstand Washingtons zu den israelischen Angriffsplänen gegen den Iran hervorgeht. Die am 15. und 16. Oktober veröffentlichten Dokumente tragen die Kennzeichnung FVEY (Five Eyes) und waren dementsprechend ausschließlich für berechtigte Behörden in den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland bestimmt.
Das erste Dokument nimmt Bezug auf eine vom 15. bis 16. Oktober abgehaltene israelische Übung zum Einsatz großer Streitkräfte, die ihrerseits auf einer ähnlichen, am 13. Oktober abgehaltenen Übung basierte. Die Luftwaffe habe luftgestützte ballistische Raketen (ALBMs) und unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) eingesetzt. Geübt worden sei auf den Luftwaffenstützpunkten Chazerim, Ramat David und Ramon. Zum Einsatz gekommen seien 16 »Golden Horizon«-ALBMs, 40 »Rocks«-Abwehrraketen, Luftbetankungs- und Aufklärungsflugzeuge, »wahrscheinlich« Kampfflugzeuge sowie andere Waffen. Im zweiten Dokument heißt es, es sei »fast sicher« für einen israelischen Angriff auf den Iran trainiert worden. Allerdings könne man dessen Ausmaß nicht einschätzen. Der Einsatz von ALBMs wird als mittelmäßig eingestuft und der Einsatz von Präzisionsmunition als gering. Man habe keine Aktivitäten von nuklearfähigen Raketen, insbesondere der »Jericho II«, beobachtet. Es gebe also keine Hinweise auf Planungen zum Einsatz von Atomwaffen, ausgeschlossen wird dies zugleich nicht.
In den USA und in Israel ist die Aufregung wegen des Leaks groß. Laut dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mick Johnson, untersucht der US-amerikanische Geheimdienst den Vorfall. Tally Gotliv, Mitglied der Knesset für die Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, warf den USA gar vor, die Dokumente absichtlich weitergegeben zu haben, um »Israel davon abzuhalten, den Iran anzugreifen.« Vor knapp zwei Wochen haben Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar Washington gedrängt, Israel daran zu hindern, die iranischen Ölanlagen anzugreifen. Man sorgt sich, die »Achse des Widerstands« könne im Gegenzug die eigene Ölinfrastruktur ins Visier nehmen. Auch erklärten die drei Staaten, Israel dürfe ihren Luftraum nicht für einen Angriff auf den Iran nutzen. Die Ölreserven der Golfstaaten reichen aus, um etwaige Lieferverzögerungen aus dem Iran im Falle eines Angriffs auf die dortigen Ölanlagen auszugleichen. Würden sie ebenfalls ins Visier geraten, wäre allerdings die weltweite Ölversorgung in Gefahr.
Derweil hat Israel den USA einem Bericht des Nachrichtenportals Axios zufolge seine Bedingungen für eine diplomatische Lösung des Libanon-Kriegs übermittelt: Dem israelischen Militär solle erlaubt werden, »aktive Gewalt« einzusetzen, damit die Hisbollah nicht aufrüsten und ihre militärische Infrastruktur an der Grenze zu Israel aufbauen könne. Außerdem solle die israelische Luftwaffe – unter Missachtung der Souveränität Beiruts – im libanesischen Luftraum Handlungsfreiheit zugebilligt bekommen. Dass die Hisbollah und der Libanon solchen Bedingungen nicht zustimmen können, liegt auf der Hand. Wie ein US-amerikanischer Regierungsvertreter gegenüber Axios sagte, hält aber auch Washington die Forderungen für nicht annehmbar.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
-
Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (21. Oktober 2024 um 23:23 Uhr)Geheimnisse wurden preisgegeben, weil es so geschehen sollte! Wie viel ist ein Verbündeter wert, der sich nur auf diese Weise verteidigen kann? Das Leck kam indirekt von den USA, da Israels Angriffsplan ihren Interessen im Wahlkampf widerspricht. Der Wertewesten gewährt Israel im Grunde nach wie vor eine Verteidigungsgarantie gegen die arabische Übermacht im Nahen Osten, aber keine uneingeschränkte Kriegsführungsgarantie. Israel scheint seine geopolitische Lage auf der Arabischen Halbinsel leider immer noch nicht vollständig zu begreifen. Ohne den westlichen Schutzschild wäre das Land kaum überlebensfähig. Das heutige Israel, angesichts des Mangels an Bodenschätzen, der eingeschränkten landwirtschaftlichen Selbstversorgung und der knappen Süßwasservorräte, ist auf eine unterstützende Außenhandelsbilanz mit dem Westen angewiesen. Ohne diese wäre der künstlich geschaffene Staat nicht überlebensfähig.
Ähnliche:
- 01.10.2024
Einfach nicht zu bremsen?
- 10.08.2024
Erste Entspannung in Nahost
- 07.08.2024
Washington mobilisiert gegen Iran
Mehr aus: Ausland
-
Knappes Ja beim EU-Referendum
vom 22.10.2024 -
»Präsident Bukele geht es um Investitionen«
vom 22.10.2024 -
Protest im Parlament
vom 22.10.2024 -
Tod des Puppenspielers
vom 22.10.2024 -
Kinder im Knast
vom 22.10.2024 -
»Erobern und neubesiedeln«
vom 22.10.2024