Österreich rüstet auf
Von Dieter Reinisch, WienDie Hauptfeierlichkeit am Nationalfeiertag sind traditionell die »Leistungsschauen« am Wiener Heldenplatz. Dort präsentiert seit Jahrzehnten das Bundesheer sein militärisches Gerät. Unweit davon, auf der anderen Seite der Ringstraße, rufen ab Mittag die Solidarwerkstatt Österreich und das Bündnis »Stimmen für Neutralität« zu einer Kundgebung am Maria-Theresien-Platz auf. Später werden sie weiter zum Parlament ziehen. »Ja zur Neutralität! Nein zu ›Sky Shield‹! Nein zu einer EU-Kriegstruppe!« fordern die Organisatoren.
Der Grund: Die österreichische Regierung zieht in Richtung NATO und rüstet auf. Im Februar 2024 wurde ein milliardenschwerer Vertrag zur Anschaffung neuer »Pandur«-Radpanzer zur raschen Truppenverschiebung unterzeichnet. Der »Pandur«-Fuhrpark soll dann 600 Fahrzeuge umfassen – für knapp über 1.000 Bundesheer-Soldaten, die für Auslandseinsätze ausgebildet sind. Auf die Frage, wo diese »Pandur«-Radpanzer eingesetzt werden sollen, gab die ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bekannt: »Auch im Inneren.«
Gleichzeitig mit Anschaffung der »Pandur«-Panzer wurden mehrere Verträge über moderne Flugabwehrgeschütze zum Aufsatz abgeschlossen, die von Rheinmetall hergestellt werden. Die Anschaffungskosten dafür hat das Verteidigungsministerium nicht bekanntgegeben. Mit Hunderten Millionen Euro wird auch die Infrastruktur des Bundesheers modernisiert, gab Tanner im Februar bekannt.
Der israelische Rüstungskonzern Elbit Systems meldete im Mai, dass die »Pandur«-Mörservariante mit dem 120-Millimeter-Crossbow-Turm des Unternehmens ausgestattet wird. Der Mitteilung zufolge werden die Systeme an General Dynamics European Land Systems (GDELS) zur Integration in 6×6-Radpanzer »Pandur« geliefert. Der Auftragswert beträgt 50 Millionen Euro. Dies stelle eine »Begünstigung einer Kriegspartei« dar, die Völkermord verübe, erklärte die Solidarwerkstatt und hat daher Strafanzeige gegen Tanner gestellt. Auch die Flugflotte soll in den kommenden Jahren erneuert werden: Die veralteten »Hercules«-Transportmaschinen werden ersetzt, neue Hubschrauber angeschafft, und auch die »Eurofighter« sollen gegen neue Abfangjäger getauscht werden.
Ob das neue Kriegsgerät zur militärischen Verteidigung der österreichischen Neutralität und im Rahmen von UN-Missionen, wie am Balkan, im Nahen Osten und der Westsahara, eingesetzt oder einer zukünftigen EU-Armee zur Verfügung gestellt wird, werden wohl die aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen konservativer ÖVP und sozialdemokratischer SPÖ entscheiden.
Besonders die beiden liberalen Kleinparteien Grüne und Neos treten deutlich für eine Aufweichung der Neutralität bis hin zum Beitritt zu einem Militärbündnis ein. ÖVP und SPÖ wollen nominell nicht am Neutralitätsstatus rütteln, aber in beiden Parteien gibt es einflussreiche Fraktionen, die eine engere NATO-Anbindung fordern. Ab 2025 will sich Österreich an einer schnellen Eingreiftruppe der EU unter der Führung der Bundeswehr mit 600 Soldaten beteiligen.
Solidarität jetzt!
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