Juso wollen Israels Kriegskasse austrocknen
Von Kim NowakDie Jungsozialisten (Juso) in der Schweiz stehen unter Beschuss. Grund hierfür ist eine Resolution, die die Jugendorganisation der Sozialdemokraten (SP) am 28. September 2024 in einer Delegiertenversammlung verabschiedete. Darin bekennt sie sich zur internationalen Bewegung »Boycott, Divestment, Sanctions« (BDS), die sich dafür stark macht, israelische Produkte aus den besetzten palästinensischen Gebieten zu boykottieren und den zionistischen Staat entsprechend zu sanktionieren. Weiterhin fordern die Juso ein Ende »des Apartheidsystems und des Genozids« sowie das »Rückkehrrecht und Freiheit für alle Palästinenser«. Als Ziel der Kampagne verstehen die Jungsozialisten, »dass sich Israel an internationales Recht« halten soll. Wenngleich der Wahn, Antizionismus mit Antisemitismus gleichzusetzen, in der Alpenrepublik nicht so stark ausgeprägt ist wie in der BRD, regt sich auch dort Widerstand gegen die Resolution.
Neben bürgerlichen Medien und Parteien positioniert sich auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) gegen den Beschluss. Gegenüber dem Boulevardblatt 20 Minuten vom 18. Oktober betonte SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner, dass »BDS eindeutig antisemitische Handlungen« betreibe. Dabei zog er Parallelen zu den Nazis und deren Vernichtungsantisemitismus. Zwar unterstellt er den Delegierten nicht, selbst antisemitisch zu sein. Doch ihr Handeln nennt er »historisch ignorant« und »naiv«. Ins selbe Horn stößt Philip Bessermann, Leiter der Stiftung Rassismus und Antisemitismus. Für ihn erinnere die BDS an die Kampagne »Kauft nicht bei Juden« der Nazis: »BDS ist das Ende des Dialogs und verstärkt die Polarisierung«, so der »Experte«. Er nimmt dabei Bezug auf die immer wieder angeführte Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), nach der Kritik an Israel und seiner Besatzungspolitik faktisch mit Antisemitismus gleichgesetzt werden kann.
Es geht also um einen Kampf der Definitionen. Als Reaktion auf die Juso fordern daher besonders die Jungfreisinnigen Schweiz (JFS), die eng mit der Schweizer FDP arbeiten, dass die IHRA-Definition von allen Parteien angenommen werde. »Wir setzen damit ein deutliches Zeichen gegen Judenfeindlichkeit«, betont JFS-Präsident Jonas Lüthy und verweist dabei auf einen vermeintlichen linken Antisemitismus. Auch aus der eigenen Mutterpartei kommt vereinzelte Kritik. Dabei fielen Begriffe wie »abstoßend« und »erschreckend«. Die SP-Nationalrätin Gabriela Suter lässt sich auf das gleiche Niveau wie die Bürgerlichen herab: »Der Aufruf erinnert stark an Naziparolen.«
Die SP ist in ihrer Haltung zum Nahostkonflikt schon seit langem gespalten, da es sowohl einen starken proisraelischen als auch einen starken propalästinensischen Flügel gibt. Dass sich jedoch die Parteileitung der Sozialdemokraten geschlossen gegen die Juso-Resolution stellt, zeigt eine Tendenz, dass der propalästinensische Flügel langsam ins Abseits gestellt werden soll.
Die Juso selbst können die Kritik nicht nachvollziehen. »Boykotte und Sanktionen sind legitime Mittel, um die Kriegskasse eines Landes auszutrocknen«, bekräftigt Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann. Zuvor wurde vom Juso-Vorstand eine abgeschwächte Gegenresolution vorgeschlagen, die von den Delegierten jedoch abgelehnt wurde. Damit reihen sich nun die Juso in die internationale Boykottbewegung ein, um ein Ende des Kriegs in Gaza zu erreichen. »Der Juso ist bewusst, dass man etwas gegen die Greueltaten in Gaza und Libanon machen muss«, so Hostetmann weiter. Rückendeckung bekommt sie indirekt vom SP-Ständerat Carlo Sommaruga, der am 31. Mai gegenüber Swissinfo sagte, dass die Palästinenser eine »permanente Nakba« erlitten und der jüngste Nahostkrieg »nicht am 7. Oktober 2023 begann«. Was soll an solchen Feststellungen antisemitisch sein? In der Juso-Resolution wird betont: »Die Kampagne zielt auf keine Gemeinschaft, keine Religion, keine Identität.« Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
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