»Holz zu verfeuern ist nicht nachhaltig«
Interview: Gitta DüperthalZum Auftakt der Weltbiodiversitätskonferenz COP 16 am Montag in Kolumbien haben Umweltorganisationen international Aktionstage gestartet. Das Motto des Protests lautet »Bioenergie zerstört Biodiversität«. Was ist damit gemeint?
»Bio« klingt erst mal gut, ist es aber nicht in jedem Fall. Aktuell wird Holzbiomasse zur Stromgewinnung in großem Umfang verbrannt, was weltweit zur Zerstörung von Wäldern und der Artenvielfalt führt. Vielen Menschen ist offenbar noch nicht bewusst, dass ein großer Anteil der Holzernte in der EU direkt in der Verbrennung landet. Das widerspricht dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Wenn wir schon Bäume fällen, sollten wir das Holz für langlebige Produkte nutzen. Sonst entsteht ein doppelter Schaden fürs Klima: zum einen durch die Ausbeutung der Wälder, was ihre Fähigkeit mindert, CO2 zu speichern. Zum anderen dadurch, dass das in den Bäumen gespeicherte CO2 bei der Verbrennung wieder freigesetzt wird; bei großen Kahlschlägen wird obendrein noch CO2 aus den Böden frei. Kraftwerke künftig mit Holz zu befeuern ist daher kein Beitrag zum Klimaschutz.
In mehreren deutschen Städten richtete sich der Protest gegen Pläne für Holzkraftwerke. Was hat es damit auf sich?
Es gibt aktuell in Gemeinden und Städten Pläne, Kraftwerke auf Holz umzurüsten. Deshalb haben wir von Robin Wood zusammen mit anderen Umweltorganisationen das Bündnis »Ausgebrannt« angestoßen, um verschiedene Initiativen zu vernetzen. In Hamburg sind wir schon lange gegen das Kohlekraftwerk Tiefstack aktiv, das auf Gas und Holz umgestellt werden soll. Bereits vor Jahren waren wir alarmiert, als wir von Plänen erfuhren, dort Holz aus Namibia zu verfeuern, und protestierten dagegen mit einer von vielen Organisationen getragenen Stellungnahme. Dieses Projekt wurde dann erst mal auf Eis gelegt. Planungen, das Kraftwerk auf Holzverbrennung umzurüsten, laufen aber weiter. Voraussichtlich wird im kommenden Jahr ein Genehmigungsverfahren für den Umbau anlaufen. Nach Schätzungen könnten dort bis zu 400.000 Tonnen Holzpellets pro Jahr verheizt werden. Fragt sich, woher das Holz kommen soll. Restholz kommt nicht in Frage, weil es nicht die erforderliche Qualität hat. Nicht auszuschließen, dass Holz aus wertvollen Waldgebieten anderer Länder importiert werden soll.
Wie steht die Bevölkerung zu dem Thema?
Momentan findet ein kollektiver Lernprozess statt. Viele dachten wohl zunächst, es handele sich um eine ökologische Heizform. Nun erkennen immer mehr Menschen, dass es angesichts des miserablen Zustands der Wälder und der dramatischen Klima- und Biodiversitätskrise eine Scheinlösung ist. Wir brauchen die Wälder für den Schutz von Klima und Artenvielfalt.
Vergangene Woche veröffentlichte die Bundesregierung die vierte Waldinventur. Demnach ist der Wald in Deutschland seit 2017 von einer wichtigen CO2-Senke zu einer CO2-Quelle geworden.
Die Wende muss schnell passieren. Das Verfeuern von Holz darf nicht mehr als erneuerbare Energie gelten, was derzeit EU-weit der Fall ist. Es ist nicht nachhaltig. Wir brauchen für den Klimaschutz dringend vitale Wälder. Wir fordern, dass die Bundesregierung sich dafür einsetzt, dass auf nationaler Ebene und EU-weit keine Fördermittel mehr in Holzkraftwerke fließen. Pläne zu deren Umrüstung müssen gestoppt werden.
Was ist die Alternative?
Ein Ausbau der Nutzung echter erneuerbarer Energieträger wie Wind und Sonne – und für die Fernwärme differenzierte Lösungen, nicht ein großes Kraftwerk, das Ressourcen verbrennt und alle versorgt. Die Kommunen müssen in ihren Wärmeplänen verschiedene Quellen berücksichtigen, zum Beispiel Abwärme von Industrieanlagen und großen Wärmepumpen. In Großstädten muss es andere Lösungen geben als auf dem Land. Es braucht ambitioniertere systematische Anstrengungen, um Energie zu sparen und effizienter einzusetzen – etwa in der Industrie und bei der Wärmedämmung von Gebäuden.
Ute Bertrand ist Sprecherin von Robin Wood
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