Boeing steckt in den Miesen
Von David MaiwaldDer Boeing-Konzern kommt nicht zur Ruhe. Während am Mittwoch noch ein Votum der streikenden Arbeiter beim US-Flugzeugbauer ausstand, vermeldete das Unternehmen einen Milliardenverlust für das zurückliegende dritte Quartal. Von Juli bis September habe sich dieser auf 6,17 Milliarden US-Dollar (5,73 Milliarden Euro) belaufen, teilte Boeing mit. Es handelt sich um den zweithöchsten Quartalsverlust seit knapp sechs Jahren. Im vierten Quartal 2020 hatte Boeing unter dem Strich ein Minus von beinahe 8,5 Milliarden US-Dollar bilanziert. Der Konzern habe seit 2018 »kein profitables Jahr« mehr verzeichnet, berichtete die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) am Mittwoch. Die Entwicklung werde sich »vorerst verschlechtern, bevor es wieder besser wird«, hieß es.
Nun müsse »das große Schiff wieder in die richtige Richtung gelenkt werden«, erklärte Firmenchef Kelly Ortberg bei der Vorstellung der Zahlen. Boeing müsse wieder in die Führungsposition gebracht werden, »die wir kennen, und die wir wollen«. Der Umsatz sank den veröffentlichten Zahlen zufolge in den vergangenen drei Monaten nur um ein Prozent auf 17,84 Milliarden US-Dollar.
Eine Abstimmung von Mitgliedern der International Association of Machinists (IAM) sollte noch bis Mittwoch abend andauern und lag bis jW-Redaktionsschluss nicht vor. Das Angebot der Geschäftsführung im laufenden Arbeitskampf sah 35 Prozent mehr Gehalt über einen Zeitraum von vier Jahren vor, dazu eine Einmalzahlung von 7.000 US-Dollar. Bislang hatten die rund 33.000 streikenden Mitglieder der Gewerkschaft die Offerten des Flugzeugbauers und Rüstungsunternehmens abgelehnt und eine Gehaltserhöhung um 40 Prozent gefordert. Laut IAM hatte es für die Belegschaft seit 16 Jahren keine Gehaltserhöhungen gegeben. Der Arbeitskampf wird aktuell von heftigen Drohungen der Geschäftsführung gegen die Boeing-Arbeiter begleitet.
Vor gut zwei Wochen hatte Konzernchef Ortberg die Kürzung von rund zehn Prozent, also etwa 17.000 Stellen weltweit, angekündigt. Es sei notwendig, den Konzern an die »finanzielle Realität anzupassen«, erklärte der Manager. Der Konzern müsse »strukturelle Veränderungen vornehmen, um sicherzustellen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben und unseren Kunden langfristig etwas bieten können«. Ende September berichtete AP über die Einstellung von Gehaltszahlungen durch die Konzernführung. Beschäftigte hätten »ihre letzten Gehaltsschecks erhalten und werden Ende des Monats ihre vom Unternehmen bereitgestellte Krankenversicherung verlieren«, hieß es. Seit September werden in den Werken keine Passagiermaschinen mehr hergestellt.
Boeing befindet sich seit einiger Zeit in einer schweren Krise. Nach dem Absturz von zwei Maschinen des Typs 737 Max 2019 und 2020 löste sich bei einer Maschine im Januar 2024 mitten im Flug ein Teil der Kabinenwand. Zwischenzeitlich mussten Flugzeuge der Baureihen wegen eines Flugverbots am Boden bleiben. Wegen Problemen bei der Technik gibt es bei der Auslieferung des Flugzeugtyps 777 seit Jahren Verzögerungen. Erst im Sommer hatte es einen Wechsel an der Konzernspitze gegeben, erinnerte Reuters am Mittwoch. Und die Probleme dürften sich weiter hinziehen, sollte das Votum der Belegschaft das Angebot des Unternehmens erneut ablehnen. Bis jetzt belaufen sich die Kosten des Arbeitskampfes für den Konzern bereits auf eine Milliarde US-Dollar.
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