Gasstreit im Mittelmeer wird befeuert
Von Anselm SchindlerAktuell werden immer wieder von der Hisbollah gestartete Drohnen über dem östlichen Mittelmeer von der israelischen Marine abgeschossen. Die Flugkörper nehmen neben dem Hafen von Haifa auch die Gasplattformen vor der Küste ins Visier. Eigentlich hatten Libanon und Israel ihren Streit um den Grenzverlauf am Meeresboden im Oktober 2022 beigelegt und unter Vermittlung der USA dabei auch die umstrittenen Gasfelder aufgeteilt. Durch den Krieg zwischen der Hisbollah und Israel ist der Streit um die Gasfelder im Mittelmeer wieder in vollem Gange: Israels Energieminister Eli Cohen verkündete im Kurznachrichtendienst X bereits vor rund zwei Wochen, Lücken im Vertrag zu suchen, um ihn kündigen zu können.
Laut Cohens Regierungsressort leitet Israel das geförderte Gas derzeit unter anderem über Pipelines nach Ägypten und Jordanien weiter. In den weitaus größeren Gasmarkt Ägyptens exportiertes Gas wird demnach seit einem gemeinsamen Abkommen zwischen der EU, Ägypten und Israel zu Flüssigerdgas (LNG) für den Export nach Europa umgewandelt. Nicht zuletzt, weil man auf der Suche nach Alternativen zu Gasimporten aus Russland auf die Felder im Mittelmeer schielt, bezeichnete das Auswärtige Amt die Einigung zum Export von Gas aus Israel im Jahr 2022 noch als »Durchbruch«.
Auch wenn aktuell nicht vordergründig um Gasfelder gekämpft werde, habe der Krieg in der Region dennoch etwas mit der Gasförderung zu tun, sagte eine Aktivistin der Klimaorganisation »Gastivists« im Gespräch mit junge Welt. Denn Israel strebe mit den Gasexporten in die EU und ins Vereinigte Königreich einen Ausbau seiner Machtstellung in der Region an. Das Land habe seine Gasförderung im Mittelmeer seit 2015 verdoppelt: Diverse westliche Konzerne, darunter der US-Energieriese Chevron, der Shell-Konzern und die italienische Eni, förderten unter israelischer Hoheit immer mehr Gas aus dem Boden im Mittelmeer. Aus dem bereits 2009 entdeckten »Tamar«-Gasfeld kommen dabei jährlich rund zehn Milliarden Kubikmeter Gas. Seit 2020 wird auch im Gasfeld »Leviathan« gefördert: Das Feld liegt rund 90 Kilometer westlich von Haifa im Meer, bis zu 400 Milliarden Kubikmeter Gas könnten dort in den nächsten Jahren gefördert werden.
Die »Gastivists« haben die Routen des durch Israel und seine Partnerländer geförderten Gases in ihrem Bericht nachvollzogen. Zentrale Umschlagplätze sind dabei LNG-Terminals an Häfen im Mittelmeer. Konkret würden Häfen in Griechenland und Italien dafür angelaufen. Hinzu kämen LNG-Importterminals in Frankreich, Großbritannien, Belgien und Polen, die über die Straße von Gibraltar angefahren würden. Es komme dabei nicht darauf an, wie weit die Schiffe fahren müssten, »sondern welche Häfen gerade dazu bereit sind, das Gas abzunehmen«, so die Erklärung der »Gastivists«.
Hauptlieferstaaten der EU sind derzeit Norwegen und die USA, gefolgt von nordafrikanischen Staaten sowie Katar. Israel spielt dabei eine untergeordnete Rolle, auch wenn die Gasexporte für das Land wichtig sind. Energieminister Cohen erklärte die Entscheidung für den Export weiterer 118 Milliarden Kubikmetern Erdgas aus dem »Leviathan«-Feld als »weiteren wichtigen Schritt zur Stärkung der diplomatischen und internationalen Beziehungen Israels«, zitierte die Times of Israel Ende Juni. »Nicht zuletzt füllen die Gasexporte auch die israelische Kriegskasse«, kritisierte die »Gastivists«-Aktivistin gegenüber jW. Dass die EU und der Westen Gaslieferungen aus Russland mit Verweis auf den Krieg in der Ukraine kappen wollten, sei »absurd, während sie das Gasgeschäft mit Israel ungeachtet des Krieges in Gaza und im Libanon weiter ausbauen wollen«.
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