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Aus: Ausgabe vom 25.10.2024, Seite 6 / Ausland
Nahostkonflikt

Schießen und spenden

Naher Osten: Im Norden Gazas gibt es keine humanitäre Hilfe mehr. Libanon und auch Syrien unter israelischem Beschuss
Von Wiebke Diehl
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Gedränge um Brot: Die Menschen im von Israel zerbombten Gazastreifen leiden Hunger (Deir Al-Balah, 24.10.2024)

Gut 90 Prozent der Bewohner des Gazastreifens erleben eine schwere Ernährungskrise, schlug die Welthungerhilfe am Donnerstag Alarm. »So eine massive Zerstörung und Verzweiflung der Menschen« habe man »in keinem anderen Krisengebiet der Welt erlebt«, die Zustände seien »apokalyptisch«. Am Mittwoch abend hatten Beamte des Zivilschutzes bekanntgegeben, alle Operationen im Norden der Küstenenklave einstellen zu müssen. Die Bewohner seien nun ohne jede »lebenswichtige humanitäre Hilfe«. Zuvor seien fünf ihrer Mitglieder vom israelischen Militär verhaftet und an einen unbekannten Ort gebracht sowie drei weitere Mitarbeiter von einer israelischen Drohne angegriffen worden. Außerdem habe ein israelischer Panzer das letzte verbliebene Feuerwehrauto im Norden Gazas vollständig zerstört. Die israelische Armee belagert das Gebiet seit über 20 Tagen und verhindert die Einfuhr humanitärer Hilfsgüter.

Belagert sind auch das Indonesische Krankenhaus, das Awda- und das Kamal-Adwan-Krankenhaus, die zudem unter Beschuss stehen. Über hunderttausend Verletzte und Kranke können mangels medizinischer Vorräte nicht versorgt werden. Nach Angaben der Hamas führt die israelische Armee, die offenbar den »Eiland-Plan« umsetzt, der die Vertreibung, Aushungerung oder Hinrichtung von Palästinensern im Norden des Gazastreifens vorsieht, »Feldhinrichtungen« durch. 770 Menschen sollen in Nordgaza in den vergangenen Wochen getötet worden sein, Hunderte von Leichen liegen wahrscheinlich noch unter den Trümmern oder am Straßenrand. Auch am Donnerstag wurden mindestens 16 Tote bei einer israelischen Attacke auf eine als Unterkunft genutzte Schule im Flüchtlingslager Nuseirat gemeldet.

Derweil setzt Israel seine Bombardierungen auch in Syrien und im Libanon fort. In Beirut wurde am Mittwoch abend ein Büro des Fernsehsenders Al-Majadin zerstört. In Damaskus wurde in der Nacht ein Wohnhaus und in Homs ein Militärstützpunkt getroffen. Dort wurde ein Soldat der syrischen Armee getötet, sieben Menschen wurden verletzt. Der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Geir Pedersen, warnte vor dem UN-Sicherheitsrat vor einem Übergreifen des Kriegs. Die syrische Regierung hat mehr als 116 israelische Angriffe auf ihr Territorium, die über 100 Todesopfer forderten, innerhalb nur eines Jahres gemeldet. Auch das libanesische Militär musste am Donnerstag den Tod dreier weiterer Soldaten bekanntgeben, die getroffen worden seien, als sie versuchten, Verwundete in Sicherheit zu bringen. Erst am Sonntag waren drei libanesische Soldaten bei israelischem Beschuss getötet worden.

Auch die direkten Kämpfe zwischen der Hisbollah und israelischen Truppen im Süden des Landes dauern an. Am Mittwoch abend hatte die Hisbollah in Reaktion auf den israelischen Beschuss der Stadt Tyros erklärt, auch Präzisionsraketen gegen Israel einzusetzen. Außerdem gab sie bekannt, im Südlibanon bislang mehr als 70 israelische Offiziere und Soldaten getötet sowie über 600 verwundet zu haben. Zudem habe sie 28 »Merkava«-Panzer, vier Militärbulldozer, ein bewaffnetes Fahrzeug und einen gepanzerten Truppentransporter zerstört. Die israelische Armee habe bislang kein Dorf einnehmen können. Das Ziel, die Bewohner des israelischen Nordens in ihre Häuser zurückkehren zu lassen, erreicht der Krieg ohnehin nicht. Laut einer Umfrage wollen 70 Prozent der aus dem Norden Evakuierten auch nach einem Ende des Kriegs nicht dorthin zurückkehren.

Auf einer am Donnerstag in Paris abgehaltenen Libanon-Konferenz forderte Libanons Regierungschef Nadschib Mikati unterdessen eine »sofortige Waffenruhe«. Auch auf dem in Kasan stattfindenden BRICS-Gipfel war diese Forderung erhoben worden. In einer gemeinsamen Erklärung wurde zudem auf einen »unabhängigen und lebensfähigen Staat Palästina in den international anerkannten Grenzen vom Juni 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt, der in Frieden und Sicherheit Seite an Seite mit Israel lebt«, gedrängt. Bei dem Treffen in Paris sagte Frankreich humanitäre Hilfen in Höhe von 100 Millionen Euro zu, Deutschland will zudem 96 Millionen bezahlen. Die EU versprach 60 Millionen für Libanons Armee.Siehe Kommentar Seite 8

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