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Aus: Ausgabe vom 25.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Blume des Tages: Sumpf-Blutauge

Von Felix Bartels
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Sieht nicht rosig aus für die Sumpfblume

Den Mooren ging es schon mal besser. Einst wildwuchernde Feuchtgebiete, kraftvoll, unverwüstlich, Gegenstand ungezählter Schauermärchen. Schaurig wars in der Heide, sang Annette dereinst, Münchhausen hingegen schaffte, sich am Haarschopf aus dem Sumpfloch zu ziehen. Von diesem Anruch ist heute kaum was geblieben. Es stirbt das Moor und mit ihm die Angst. Der Mensch macht kaputt, was ihn kaputtmacht. Doch nich mit den Naturschützern!

Da man sich schwer an einen Sumpf ketten kann und auch sonst kein Bagger in Sicht ist, der sich mit Farbbeuteln bewerfen ließe, sieht man sich auf Achtsamkeit zurückgeworfen. Es geht ums Ökosystem, das uns wohl egal sein könnte, beeinträchtigte es nicht unsere Lebensentwürfe. Im übrigen gilt, dass Gleichgewichte sich irgendwie immer wieder herstellen. Ein paar tausend Artentode später. Gold der Satz von Jeff Goldblum: Die Natur findet einen Weg. Findet sie keinen, geht sie einen Umweg. Über Naturschützer.

Die schreiben Preise aus, die Menschen zu erinnern, was die ohnehin wissen. Die »Blume des Jahres« 2025 ist natürlich auch wieder der bedrohten eine: das Sumpf-Blutauge, dessen Äußeres sich nicht ganz so furchtbar ausnimmt wie sein Name. Irgendwie glaube ich nicht, dass dieses Gewächs kein Fleisch frisst. Der Artenvielfalt wegen sei aber festgehalten, dass wir mehr als bloß hundert Blumen blühen lassen sollten. So lebe sie denn wohl, hoffentlich, wie einst jene Aster, die Gottfried Benn während einer Leichenschau einem ersoffenen Bierfahrer in den Brustkorb gepflanzt haben will, damit sie am toten Blute ausreichend trinke. Welch schönes Bild für die schwierige Dreiecksbeziehung Natur–Mensch–Naturschutz.

Das Sumpf-Blutauge übrigens war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Vermutlich testet es aus, ob es die Welt länger warten lassen kann als seinerzeit Bob Dylan.

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