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Aus: Ausgabe vom 25.10.2024, Seite 11 / Feuilleton
Städte

Affen auf dem Felsen, Nazis im Hintergrund: Berlin

Von Marc Hieronimus
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Och dit is Berlin

Für zwei Tage zurück in die Hauptstadt. Das erste Mal mit zweiter Frau und drittem Kind, wie immer mit all meinen Dämonen. Irgendwas sprach gegen die Regenbogenfabrik, darum Ibis Budget, Anhalter Straße. Statt Hinterhofspielplatz und Kreuzberger Häuserkampfnostalgie also anonyme Tourikette, und bei der Zubettgeh­zigarette Blick auf jenes Grün, in dem die überzeugtesten Täter der SS aus den Gebäuden der gleich angrenzenden Wilhelmstraße sich in ihrem Vernichtungsalltag zwischendurch die Beine vertraten.

»Eine gute Wahl, die wir nicht hatten«, schrieb ich schon einmal, als es darum ging, richtig hierherzuziehen, und zwar mit erster Frau und baldigem Kind – und das und vieles mehr so grandios gescheitert war. Die »Wahl« war damals, nach ein paar Schauermonaten an der Spree, Frechen und dem Haus der Schwiegereltern, »ein tiefes Loch, aber aus feinstem Sand«, weil dort bis heute sanduhrfeiner Quarzsand abgebaut wird. Untrügliche Zeichen gescheiterter Schriftstellerei: Selbstzitate und Symbolik mit der Brechstange. Aber verratzte Pläne und gekränkter Narzissmus dahingestellt – was zog und zieht mich nach Berlin?

Dass man hier werden kann, wer man daheim nicht sein darf? Möglich. Guck dir doch die Affen an: Lieber fröhlich auf dem Felsen hocken oder für den Zoobesuch bezahlen? Es hat aber auch mit der Nazizeit zu tun. Da ist etwas, das mich in München oder Nürnberg überhaupt nicht anweht. So viel Grauen, so viel Zerstörung, und auch nach Regalmetern einschlägiger »renommierter«, also bürgerlicher Literatur, trotz des nie abreißenden Beitragsstroms wohlmeinender Berufsdemokraten noch keine befriedigende Antwort darauf, wie es dazu kommen konnte und vor allem, was zu tun ist, damit es sich nicht anders wiederholt. Klar, Kapitalismus abschaffen. Sehe ich nur im Vergnügungsgehege B noch etwas weniger als in Restdeutschland. Aber wenn schon alles seinen Gang geht, will ich wenigstens einmal da sein, wo es passiert. Das Kleinfamilienwochenende war schon mal sehr schön.

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