Wanne vorm Hotel
Von René LauIm Leben eines Fußballfans gibt es viele Dinge, über die Außenstehende nur den Kopf schütteln können, Ereignisse, die niemand glaubt, sofern man sie nicht selbst erlebt hat. Ich selbst bin jede Woche im Stadion, bekomme also hautnah mit, was polizeiliche Schikane bedeutet. Obwohl ich kaum zu der Klientel zähle, die der gemeine Polizeibeamte zu drangsalieren pflegt. Eine Steigerung dessen scheint kaum vorstellbar.
Meint man. Dem ist aber nicht so. Was die Fanhilfe Hannover jetzt öffentlich machte, geht gar nicht. Vergangene Woche stand das große Traditionsderby der 96er aus Hannover gegen die Königsblauen aus Gelsenkirchen an. Mehrere tausend Schalker hatten sich angekündigt, sie verbrachten die Nacht vor der Partie in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Was die Ordnungshüter auf den Plan rief, weil ja nichts ihrer Kontrolle entgehen darf.
Die Fanhilfe Hannover veröffentlichte also ein Schreiben der Polizei an den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband. Im Betreff heißt es: »Bitte um Mithilfe«. Hoteliers wurden gebeten, der Polizei Meldung zu erstatten, sobald Gäste aus den Postleitzahlenbereichen 45879 bis 45899 eincheckten. Schließlich dürfte es sich dann um gewaltbereite Gästefans handeln. Klar, denkt sich der Fan: Wer aus so einer Region kommt und vor dem Spiel in Hannover übernachtet, führt gewiss nichts Gutes im Schilde! Kegelklub, Junggesellenabschied, Betriebsausflug – egal. Mit etwas Pech steht die Wanne vor dem Hotel, beim Verlassen werden die Personalien kontrolliert.
Auch hier zeigt sich wieder, wie die Polizei über Fußballfans denkt. Selbst wenn die »Bitte« an die Hoteliers rechtlich zulässig gewesen sein sollte, bewegt sie sich allemal in einer datenschutzrechtlichen Grauzone. Bleibt zu hoffen, dass nur wenige Hoteliers dem Begehr der Polizei gefolgt sind und sich die Mehrzahl statt dessen der Bewirtung und Betreuung der Gäste professionell gewidmet hat. Zu Handlangern der Polizei sollten sie sich keinesfalls machen lassen.
»Sport frei!« vom Fananwalt.
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