Jetzt bist du dran!
Gegründet 1947 Montag, 28. Oktober 2024, Nr. 251
Die junge Welt wird von 2974 GenossInnen herausgegeben
Jetzt bist du dran! Jetzt bist du dran!
Jetzt bist du dran!
Aus: Ausgabe vom 28.10.2024, Seite 4 / Inland
Regierungsbildung in Thüringen

Saure-Brombeeren-Zeit

Thüringen: CDU und SPD werfen BSW-Chefin vor, Regierungsbildung zu sabotieren. Wagenknecht soll Kompromiss zu Friedenspräambel abgelehnt haben
Von Kristian Stemmler
imago773695654.jpg
Mit wem will er sich die Regierungsbank teilen? CDU-Landeschef Mario Voigt

Das Tauziehen in Thüringen wollen CDU und SPD offenbar dadurch für sich entscheiden, eine mutmaßliche Einmischung Sahra Wagenknechts zum Anlass zu nehmen, die Verhandlungen über eine Koalition mit dem BSW platzen zu lassen. Das Wochenende sollte allen Beteiligten an den Verhandlungen zur Bedenkzeit dienen, die an diesem Montag oder erst am Dienstag enden sollen, wie es laut dpa am Sonntag aus Verhandlungskreisen hieß.

Zunächst hatten CDU und SPD nicht mehr mit der Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gerechnet, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag berichtete. Doch tags darauf gaben sich die Thüringer Christdemokraten »nicht ganz so skeptisch«, wie der MDR am Sonnabend berichtete. Beide Parteien blieben dabei, Sahra Wagenknecht vorzuwerfen, einen »mühsam errungenen Kompromiss« mit der BSW-Landesspitze für eine Friedenspräambel zum Koalitionsvertrag blockiert zu haben.

BSW-Landeschefin Katja Wolf widersprach gegenüber dem MDR Meldungen von einem drohenden Aus der Gespräche. Sie gab sich überzeugt, dass für Thüringen Kompromisse möglich seien. Der Kovorsitzende Steffen Schütz dementierte gegenüber den Thüringer Funke-Zeitungen Spekulationen über mögliche Differenzen zwischen dem Landesverband und Wagenknecht bei der Frage für eine Friedenspräambel: »Da gibt es keinerlei Dissens zwischen Wolf, Schütz und Wagenknecht«, erklärte er.

Thüringens SPD-Chef Georg Maier habe dagegen »kaum noch Hoffnung, dass wir noch zusammenkommen«. Man habe zwischen CDU, BSW und SPD eine Einigung erzielt, aber es gebe »eine Person in Berlin, die das kassiert hat«, sagte der SPD-Politiker der dpa. Er warf Wagenknecht vor, sich mit immer neuen Forderungen in die demnach im Grunde konstruktiv verlaufenden Gespräche in Thüringen einzumischen.

Das RND hatte sich im Bericht zum drohenden Aus der Gespräche auf Informationen »aus Verhandlungskreisen« berufen. Demnach habe am Freitag morgen ein Kompromiss zur Friedenspräambel vorgelegen, der sowohl die Standpunkte von CDU und SPD als auch des BSW aufgegriffen habe. Der Text sei vom Thüringer CDU-Präsidium und vom geschäftsführenden SPD-Landesvorstand gebilligt worden. Wagenknecht habe den Vorschlag aber blockiert und ihrerseits einen Passus vorgelegt, der für CDU und SPD nicht akzeptabel sei, heißt es laut den vom RND namentlich nicht genannten Informanten.

Unklar war bis jW-Redaktionsschluss am Sonntag, ob Wagenknecht über ihre bisherige Forderung hinaus Zugeständnisse von CDU und SPD gefordert hatte oder lediglich darauf bestanden hatte, dass im Kompromiss nicht von den Forderungen abgerückt wird, mehr diplomatische Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Krieges anzustoßen sowie sich gegen US-Mittelstreckenraketen in Deutschland auszusprechen. Klar waren hingegen die fortgesetzten Unterstellungen gegen Wagenknecht. So habe es laut RND aus Verhandlungskreisen geheißen, dass es der BSW-Bundesvorsitzenden nicht wichtig sei, »dass es zu einer Landesregierung kommt«. Ihr gehe es »um ihre parteipolitischen Ziele«. Es müssten »jetzt Alternativen zu der angestrebten Koalition« in Betracht gezogen werden, wurde ein »Beteiligter« zitiert.

Aus der CDU wurden bereits Alternativen aufgezeigt: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) schlug gegenüber dem Spiegel eine CDU-geführte Minderheitsregierung vor. Er verwies auf die bisherige »rot-rot-grüne« Koalition von Bodo Ramelow (Die Linke), die noch geschäftsführend im Amt ist. Sie habe seit 2020 mit der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion immer wieder Kompromisse gesucht. Der CDU-Politiker habe Ramelow als jemanden erlebt, »mit dem man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann«. Mario Czaja, den der Scharfmacher Carsten Linnemann als Generalsekretär der CDU abgelöst hatte, forderte Gespräche mit der Linkspartei. Es räche sich jetzt, »dass sich meine Partei nicht kritisch mit dem Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei auseinandergesetzt hat«, sagte Czaja dem RND.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Katja Wolf (BSW) und Mario Voigt (CDU) im Thüringer Landtag (Erf...
    24.10.2024

    Manöver gegen Wagenknecht

    Nach Landtagswahlen: Verhandlungen zwischen SPD, BSW und CDU über Regierungsbildung dauern an. CDU-Generalsekretär kritisiert Parteichefin
  • Wollen US-Raketen in Deutschland: Friedrich Merz (l.) und Mario ...
    22.10.2024

    Streitpunkt Frieden

    Koalitionsverhandlungen in Thüringen: Wagenknecht verlangt Distanzierung von CDU-Chef Merz wegen Ukraine-Politik. CDU weist Forderung zurück
  • Ein Brombeere ist auf Seite 19 der gedruckten Ergebnisse der Son...
    21.10.2024

    Manege frei für Brombeere

    Thüringen: SPD, CDU und BSW bereit zu Koalitionsverhandlungen. BSW fordert »Friedenspräambel«

Regio:

Mehr aus: Inland