Psychoterror hinter Gittern
Von Fabian Linder, AugsburgMit der 2015 eröffneten Justizvollzugsanstalt (JVA) Gablingen befindet sich eines der modernsten Gefängnisse Bayerns unweit von Augsburg. Aussagen von Gefangenen, einer Anwältin und einer Gefängnisärztin trüben nun das Bild, das die bayerischen Behörden gerne malen. Die Vorwürfe reichen von handfesten Misshandlungen bis zur grundlosen Unterbringung in besonders gesicherten Hafträumen. Die Rede ist auch von mutmaßlicher Folter.
Neben den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg und der Generalstaatsanwaltschaft München sollen einem Bericht der Augsburger Allgemeinen vom Wochenende zufolge auch Disziplinarverfahren gegen mehrere Beschäftigte der Haftanstalt eingeleitet worden sein. Am Donnerstag hatten Polizei und Staatsanwaltschaft schließlich Räumlichkeiten des Gefängnisses durchsucht. Im Mittelpunkt steht die stellvertretende Gefängnisdirektorin, welche nach Aussagen einer Gefängnisärztin und einer Anwältin belastet wird, die Strafmaßnahmen angeordnet zu haben.
Bei besonders gesicherten Hafträumen handelt es sich laut Staatsanwaltschaft um solche ohne gefährliche Gegenstände. Vorgesehen seien sie für Inhaftierte, die etwa Suizidabsichten haben oder eine Gefahr für andere darstellen. In den videoüberwachten Räumen befinden sich demnach lediglich eine Edelstahltoilette sowie eine Matratze und Decke aus einem schwer zerstörbaren Stoff. Gefangene würden Papierunterwäsche bekommen. Während das Limit für eine Unterbringung in diesen Räumen bei drei Tagen liege, werfen eine Gefängnisärztin, die mittlerweile dort gekündigt hat, und auch eine Anwältin der JVA vor, dass manche Betroffene dort zum Teil bis zu zwei Wochen untergebracht waren, obwohl dabei keine besonderen Gründe vorgelegen hätten.
Darüber hinaus seien die restriktiven Bedingungen durch den Entzug von Matratze, Decke, Kleidung und Tageslicht und die Ausgabe von Brot und Wasser statt warmem Essen maximal überschritten worden. In einem Fall, der von der Gefängnisärztin gegenüber dem Bayerischen Rundfunk geschildert wurde, hätten weder die Ärztin noch ein Psychiater Belege finden können, die die Unterbringung rechtfertigten. Des weiteren beschrieb die Ärztin, wie sich die Unterbringung negativ auf das psychische Wohlbefinden der Gefangenen auswirkte. Ebenfalls sei es zu Einschüchterungen des Personals gekommen.
Nach Aussage der Anwältin hatten die Vorwürfe bereits in der Vergangenheit die Folterkommission auf den Plan gerufen, deren Besuche jedoch angekündigt waren, womit die Missstände rechtzeitig beseitigt werden konnten. Das bestätigte auch die Gefängnisärztin, die nach eigener Aussage die Kommission informiert hätte. Bei deren Besuchen sei diese jedoch am Tor aufgehalten worden, um in der Zwischenzeit eine rechtskonforme Unterbringung zu fingieren. Beide Zeuginnen sprechen angesichts dieser Zustände von Folter. Die aussagende Ärztin verwies noch auf einen weiteren Fall, bei dem die stellvertretende Gefängnisdirektorin eine ärztliche Sprechstunde beaufsichtigen wollte, ungeachtet des Arztgeheimnisses. Eine entsprechende Beschwerde beim zuständigen Ministerium durch den Arzt blieb ohne Konsequenzen.
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