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Aus: Ausgabe vom 28.10.2024, Seite 5 / Inland
Maritime Wirtschaft

Unsichere Seerouten

Reederstudie: Deutsche Schiffahrtsunternehmen sehen kriegsbedingt globalen Handel bedroht
Von Burkhard Ilschner
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Unter Beschuss: Öltanker unter griechischer Flagge im Roten Meer in Reichweite der Ansarollah-Rebellen (29.8.2024)

Den Nahostkrieg sehen Deutschlands Schiffahrtsunternehmen als derzeit größte Bedrohung für den globalen Handel und damit auch für ihre eigenen Geschäfte. Das ist ein zentrales, wenngleich wenig überraschendes Ergebnis der jüngsten »Reederstudie«, die das Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PWC) alljährlich im Herbst vorlegt. Dennoch bilanziert PWC zugleich eine »überwiegend positive« Erwartungshaltung der Branche hinsichtlich zukünftiger Geschäftsentwicklung.

Wie immer basiert auch die mittlerweile sechzehnte Erhebung dieser Art auf einer Befragung von Führungskräften deutscher Hochseereedereien. Erfreut stellt PWC dazu fest, dass sich in diesem Jahr 124 Befragte daran beteiligt hätten – mehr waren es noch nie. Geführt wurden die Interviews im Mai und Juni dieses Jahres. »Geschäft ist Krieg« soll laut dem Schriftsteller Michael Crichton ein japanisches Motto sein – dass umgekehrt Krieg Geschäfte gleichermaßen gefährdet und befördert, zeigt auch diese aktuelle Studie: Risiken und Erwartungen rangieren nebeneinander.

Einerseits gilt die Hauptsorge der Reeder der Sicherheit: 86 Prozent sehen anhaltend starke Beeinträchtigungen der Passagen durch den Suezkanal. Längst sei das Rote Meer beziehungsweise die Fahrt durch den Kanal keine sichere Seeroute mehr, konstatiert die Studie. 72 der befragten Reedereien managen Schiffe, die regulär in der Region unterwegs seien – aber nur drei von ihnen befahren weiterhin die riskante Route. 69 nehmen Umwege – etwa um das Kap der Guten Hoffnung – in Kauf. Daraus folgen nicht nur höhere Risiken »wie Unwetter und Piraterie«, sondern auch längere Transportzeiten, höhere Kosten und mehr Emissionen – von beeinträchtigten Lieferketten ganz zu schweigen. Apropos Emissionen: Die EU-Klimaschutzziele für 2030 – CO2-Reduktion um 55 Prozent – halten gut drei Viertel für wahrscheinlich oder definitiv nicht erreichbar.

Andererseits resultiert aus all dem der gleichfalls registrierte Optimismus der Reeder: 75 Prozent von ihnen erwarten in den kommenden fünf Jahren ein global steigendes Frachtaufkommen, 80 Prozent rechnen schon in naher Zukunft mit steigenden (mindestens aber stabilen) Charter- und Frachtraten. Acht von zehn Schiffahrtsführungskräften meinen, dass es ohne die Störungen im Roten Meer angesichts des starken Flottenwachstums längst ein Überkapazitätenproblem gäbe – tatsächlich aber schaffen die nötigen Umwege einen Zusatzbedarf an Transportkapazität. Der wiederum trägt dazu bei, dass 57 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten Schiffe hinzugekauft haben und 74 Prozent in den kommenden zwölf Monaten ihre Flotten durch Neubestellung oder Gebrauchtkauf erweitern wollen. 86 Prozent der befragten Reedereien melden eine Vollauslastung ihrer Flotten, bei den großen Unternehmen der Branche sind es gar 94 Prozent.

Auch um andere Schiffsrouten sorgen sich die Reeder; auf der (vom Suezkanal mit deutlichem Abstand angeführten) Problemliste stehen etwa der Panamakanal mit seinen Kapazitätsnöten, die Straße von Hormus oder das Südchinesische Meer. Bisher hätten vor allem die USA die Sicherheit der Handelsrouten gewährleistet – ob das unter einer erneuten Präsidentschaft Donald Trumps so bleibt, ist offen. 78 Prozent rechnen im Falle seines Wahlsiegs mit negativen Folgen für die deutsche Schiffahrtsbranche. Ein Sorgenpunkt dabei: ein Handelskrieg der Trumpschen USA mit China. »Wir tragen hier (…) indirekt die Folgen einer möglicherweise verschärften Politik gegen China«, zitiert die Studie eine Stellungnahme wörtlich.

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