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Aus: Ausgabe vom 28.10.2024, Seite 6 / Ausland
»BRICS plus«

Enttäuschung über Lula

Brasiliens Veto gegen einen BRICS-Beitritt Venezuelas trifft weltweit auf Unverständnis. Intrige der USA im Hintergrund vermutet
Von Volker Hermsdorf
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Ausgerechnet Brasiliens Präsident fiel Venezuela bei der BRICS-Bewerbung in den Rücken (Brasília, 17.9.2024)

Die Regierung in Caracas hat Brasiliens Veto gegen die Aufnahme Venezuelas als Partner der BRICS-Gruppe als »unverständlich und unmoralisch« bezeichnet. Obwohl beide Länder historische Partner seien, habe Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sich in einem entscheidenden Moment der »kriminellen Sanktionspolitik« der USA und einiger westlicher Länder angeschlossen. Venezuela sehe darin einen »feindlichen Akt«, heißt es in einer am Donnerstag in Caracas veröffentlichten Erklärung. Auch linke Organisationen und Persönlichkeiten aus aller Welt kritisieren das Veto der brasilianischen Regierung, die am 1. Januar 2025 den jährlich wechselnden BRICS-Vorsitz von Russland übernehmen wird.

Während Venezuelas Präsident Nicolás Maduro auf Einladung von Gastgeber Wladimir Putin und in Erwartung der Aufnahme in die »BRICS plus« zum Gipfel ins russische Kasan gereist war, hatte Lula sich kurzfristig wegen eines angeblichen häuslichen Unfalls entschuldigen lassen. An seiner Stelle begründete der auch schon unter dem rechten Präsidenten Michel Temer und dem Faschisten Jair Bolsonaro im diplomatischen Dienst tätige Botschafter Eduardo Paes Saboia das Veto damit, dass Caracas noch immer nicht die vollständigen Daten der Wahlen vom 28. Juli vorgelegt habe, aus denen Maduro als Sieger hervorging. Mit Missfallen erklärte Putin, der Maduro wie die meisten anderen Gipfelteilnehmer zum Wahlsieg gratuliert hatte, dass Russland und Brasilien unterschiedliche Ansichten über Venezuela hätten. »Venezuela kämpft um seine Unabhängigkeit und Souveränität«, zitierte La Jornada den russischen Staatschef.

Norberto Galiotti, Sekretär der KP Argentiniens in Santa Fe, der die Wahl in Venezuela vor Ort beobachtet hatte, warf Lula vor, das Veto mit Zweifeln am Abstimmungsergebnis zu begründen, »während die Aufnahme von Monarchien, die keine Präsidentschaftswahlen abhalten, nicht in Frage gestellt wird«. Der spanische Journalist Ignacio Ramonet kommentierte die »traurige und abstoßende Entscheidung« mit dem Hinweis, dass »niemand Lula mehr unterstützt hat als Präsident Nicolás Maduro. Ohne Rücksicht auf die Folgen! Ich kann nicht glauben, dass Lula so undankbar ist!« Der venezolanische Philosoph Miguel Ángel Pérez sprach sogar von »einer historischen Schande«, die sich nicht nur »gegen die lateinamerikanische Integration« richte, »sondern auch eine Infiltration der USA in die neu entstehende Organisation« befördere. Einmal mehr zeige sich, dass der »linke Progressivismus« die »Interessen des Imperiums und seiner Konzerne zuverlässiger und effektiver schützt als alle offen rechtsgerichteten Regierungen zusammen«, so der aus der Ukraine stammende Telesur-Korrespondent Oleg Jassinski in einem Bericht aus Kasan. Zahlreiche weitere Kritiker äußerten sich ähnlich.

Angesichts der Reaktionen warnt der ehemalige Exekutivsekretär des São-Paulo-Forums, Valter Pomar, prominentes Mitglied der von Lula gegründeten Arbeiterpartei (PT), dass Brasilien durch den Ausschluss seine Führungsrolle unter den progressiven Ländern aufs Spiel setzen könne. Lula nimmt das offenbar aus Furcht vor einer weiteren Stärkung Chinas bei einer Aufnahme Venezuelas in Kauf. »Das eigentliche Motiv hinter dem Veto ist, dass Venezuela die größten Erdölreserven der Welt besitzt und die USA auf deren Privatisierung drängen. Sie akzeptieren nicht, dass ein Land mit derartigen Energievorkommen mit Russland, China und Iran kooperiert und so den globalen Süden stärkt – ein Widerspruch zum eigenen Diskurs des Präsidenten Lula innerhalb der BRICS«, vermutet Carlos Alberto Almeida, der Präsident des Fernsehsenders Ciudad Libre in Brasília. »Nachdem die USA es nach dem Putsch gegen Dilma (Rousseff) und der Inhaftierung Lulas schafften, die brasilianischen Erdölvorkommen zu privatisieren, wollen sie nun auch die erdölreiche Orinoco-Region enteignen. Dies ist das wahre Motiv für das brasilianische Veto«, erklärt Almeida den Kurswechsel Lulas, der sich im vergangenen Jahr noch für die Integration Venezuelas in die BRICS-Gruppe ausgesprochen hatte.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (29. Oktober 2024 um 09:29 Uhr)
    Es scheint, als hätte Lula, der »Kommunist«, immer noch nicht verstanden, dass es darum geht, sich nicht in die Interessen anderer Länder einzumischen – vorausgesetzt, die Medienberichte sind überhaupt korrekt. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass diese Berichterstattung gezielt genutzt wird, um einen Keil zwischen die BRICS-Staaten zu treiben und eine Spaltung herbeizuführen.

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