Regime-Change kommt in Gang
Von Reinhard LauterbachIn Georgien will die prowestliche Opposition ihre Wahlniederlage vom vergangenen Sonnabend nicht akzeptieren. Staatspräsidentin Salome Surabischwili nannte die Wahl eine »russische Spezialoperation« gegen die »Freiheit des georgischen Volkes« und erklärte, das Ergebnis von 54 Prozent zugunsten der Regierungspartei »Georgischer Traum« sei eine »totale Fälschung« gewesen. Das wahre Ergebnis sei einem Unentschieden näher, erklärte die Präsidentin, ohne auszuführen, auf welche Erkenntnisse sie diese Bewertung stützte.
Nach dem offiziellen Ergebnis haben die vier wichtigsten prowestlichen Parteien zusammen 38 Prozent der Stimmen erhalten. Das Staatsoberhaupt rief die Bevölkerung auf, in Massen auf der Straße gegen die Regierungspartei und den angeblichen Wahlbetrug zu protestieren. Die Kundgebung war für 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) am Montag geplant. Surabischwili sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass sie von baldigen Neuwahlen in ihrem Land ausgehe. Dafür sei allerdings die Unterstützung der europäischen Partner nötig, »damit Georgien das bekommt, was es verdient: freie und faire Wahlen«.
Noch am Wahltag hatten Beobachter westlicher Institutionen wie EU, NATO, OSZE und eine Vielzahl sogenannter »Nichtregierungsorganisationen« Verstöße gegen die »Grundsätze freier Wahlen« kritisiert. Die Rede war von Stimmenkauf, Einschüchterung von Wählern und sogar offener Gewalt gegen Anhänger der Opposition. Der amtierende EU-Ratspräsident Charles Michel forderte die Regierungspartei auf, die Vorwürfe »zügig und transparent« zu untersuchen; der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verlangte, alle Gesetze Georgiens, die »europäischen Werten« widersprächen, müssten aufgehoben werden. Stein des Anstoßes war vor allem eine im Frühjahr verabschiedete Regelung, die NGOs verpflichtet, Finanzierungen aus dem Ausland offenzulegen.
Im Unterschied zu der Regimewechselrhetorik auf seiten der EU und der Opposition sprach die Regierungspartei von einem »beeindruckenden Vertrauensbeweis«, den die Bevölkerung dem »Georgischen Traum« geschenkt habe. Ministerpräsident Irakli Kobachidse äußerte die Hoffnung, dass die vor den Wahlen abgebrochenen EU-Beitrittsverhandlungen mit Georgien im kommenden Jahr wiederaufgenommen werden könnten.
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