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Aus: Ausgabe vom 29.10.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Kampf um Souveränität

Während Israel den Zedernstaat mit Bomben überzieht, arbeiten US-Diplomaten daran, Libanons Unabhängigkeit zu untergraben
Von Karin Leukefeld
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Bomben auf Weltkulturerbe: Wiederholt hat Israel in den vergangenen Tagen die südlibanesische Hafenstadt Tyrus angegriffen

Bei Luftangriffen Israels auf den Süden Libanons und auf die südlichen Vororte von Beirut sind am Wochenende mindestens 21 Menschen getötet worden. Besonders hohe Verluste gab die Amal-Bewegung bekannt, deren Büros im Umland der Stadt Saida mehrfach von Israel angegriffen wurden. Berichten zufolge wurden Wohnhäuser zerstört, in denen Vertriebene aus dem Südlibanon untergebracht waren. Hussein Fneish, ein bekannter Politiker aus Saida mit Kontakten zur Hisbollah, wurde mit Frau, Sohn und anderen Angehörigen bei einem Drohnenangriff getötet.

Auch Tyrus, die historische Hafenstadt im Südlibanon, wurde von israelischen Raketen attackiert. Dabei wurde ein Zentrum islamischer Pfadfinder der Amal-Bewegung zerstört, drei Menschen wurden getötet. Weitere Amal-Angehörige wurden in der Provinz Nabatija getötet. Das libanesische Gesundheitsministerium erklärte, dass die Zahl der Toten seit dem 8. Oktober 2023 auf 2.672 gestiegen sei, 12.468 Personen wurden verletzt. Die Opferzahlen sind seit Beginn der israelischen Offensive auf den Libanon vor wenigen Wochen rapide gestiegen. Am Montag protestierten Journalisten in Beirut gegen die gezielte Tötung von drei Kollegen der libanesischen Nachrichtensender Al-Manar und Al-Majadin.

»Die USA setzen Diplomatie als Massenvernichtungswaffe ein«: So kommentierte vor wenigen Tagen Amal Saad-Ghorayeb, Professorin für Politik im walisischen Cardiff, auf ihrem X-Account das Auftreten verschiedener US-Diplomaten, die seit mehr als einem Jahr durch den Nahen Osten touren, ohne einen Waffenstillstand in Gaza zu erreichen. Zuletzt hätten US-Außenminister Antony Blinken und der Sonderberater von US-Präsident Joseph Biden, Amos Hochstein, Gespräche in der Region geführt, während gleichzeitig Gaza, das Westjordanland und der Libanon bombardiert wurden. Israelische Kriegsverbrechen würden »durch die politische Deckung der USA erleichtert«, so Saad-Ghorayeb, die aus dem Libanon stammt.

Israelische Politiker hätten Hochstein vor seinen Gesprächen in Beirut Forderungen diktiert, die dieser dann seinen Gesprächspartnern präsentiert habe, schreibt Saad-Ghorayeb. Israel forderte Medienberichten zufolge militärisch freie Hand zu Boden, See und aus der Luft im Libanon, um die Vernichtung der Hisbollah »aktiv durchsetzen« zu können. Der von Hochstein in Beirut vorgelegte Plan diene »ausschließlich den Interessen Israels«. Die Souveränität Libanons werde verhöhnt.

Neben den Forderungen Israels habe Hochstein einen Zusatz zur UN-Sicherheitsratsresolution 1701 vorgelegt, dem Libanon zustimmen solle. Die Details, die unter anderem von den libanesischen Tageszeitungen Al-Akhbar und L’Orient–Le Jour veröffentlicht wurden, wiesen darauf hin, dass das Land de facto unter Mandatsherrschaft gestellt würde. Der Auftrag der UN-»Blauhelmtruppen« im Libanon (UNIFIL) solle demnach ausgeweitet werden, so dass sie »jeden Ort, jedes Gebäude, jedes Fahrzeug, jedes Haus« untersuchen könnten, ohne zuvor die Genehmigung der libanesischen Behörden einholen zu müssen, so Saad-Ghorayeb. Die internationalen Verbände sollten Drohnen einsetzen und jedes private Grundstück im Beisein der libanesischen Armee betreten können. Das Mandat solle auf die gesamte Küste, Häfen und Flughäfen ausgeweitet werden. Entlang der Grenze zu Syrien von Akkar im Norden über die westliche Bekaa-Ebene bis Raschaja im Süden sollen Wachtürme aufgestellt werden.

Parlamentssprecher Nabih Berri von der Amal-Bewegung erklärte Zeitungsberichten zufolge, dass die Resolution 1701 eindeutig sei und keine Ergänzung benötige. Im Libanon gebe es Übereinstimmung, sie umzusetzen. Allerdings müsse Israel abgehalten werden, gegen die Resolution zu verstoßen, die Libanons Unabhängigkeit und Selbstbestimmung festschreibt. Einseitige Maßnahmen gegen sein Land zu ergreifen sei unzulässig, so Berri weiter. Nach Ansicht libanesischer Beobachter müsse es für den Libanon eine Garantie geben, dass Israel seine fortgesetzten Verletzungen von »1701« einstellt, die es zu Land, See oder im libanesischen Luftraum begehe. Nach UNIFIL-Protokollen hat Israel seit der Einführung von »1701« im Jahr 2006 mehr als 30.000mal die libanesische staatliche Souveränität verletzt.

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