Eine Hose von Claude Lévi-Strauss
Von Marc HieronimusVerwechslungen sind alltäglich, und oft sind sie lustig. Es ist zum Beispiel ein Leichtes, die Namen Andy Borg und Björn Borg zu verwechseln, allerdings war dieser ein Tennisspieler, jener ist ein Schlagersendungsmoderator. Das ist noch nicht komisch. Bringt man aber die isländische Sängerin Björk oder gar die Borg ins Spiel, jene bienenstaatengleich organisierten Außerirdischen aus dem Raumschiff-Enterprise-Universum, ist alles gegeben, um aus der Verwechslung eine Komödie zu machen – man stelle sich nur vor, dass die Borg statt Andy Borg den »Schlagerspaß« moderieren.
Die Autoren der Kulturzeitschrift Lichtwolf haben in den Nummern 75 und 79 in einer seltenen Gruppenarbeit ganze Listen von Dingen und Personen aufgestellt, die man nicht verwechseln sollte, aber nur zu leicht kann. Käthe Kollwitz und Käthe Kruse zum Beispiel, Marie Curie und Mariah Carey oder George Lukas und Georg Lukács. Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss erhielt bis ins hohe Alter gelegentlich Anrufe von Spaßvögeln oder Bildungsfernen, die eine Hose bei ihm kaufen wollten. Europäische Adlige scheinen jahrhundertelang willentlich das Durcheinander gesucht zu haben, oder warum nannten sie ihre Söhne immer wieder Ludwig oder Wilhelm? Wer kann ohne nachzuschauen Samba von Rumba und Zumba und Mamba und dergleichen trennen?
Wer außer jW- oder Konkret-Lesern kann Jürgen Roth von seinem Namensvetter unterscheiden, der über Korruption und Mafia schreibt? Und dann gibt es ja noch Eugen, Dieter, Joseph und Philip Roth? Politisch brisant ist die Verwechslung von BDS, BDM und BDSM, von Georg Kreisler, Roland Freisler und dem Autor des Räuber Hotzenplotz, Otfried Preußler, oder von Marshall und Alfred Rosenberg, Naziideologe bzw. Erfinder der gewaltfreien Kommunikation. Sexuell anzüglich ist die Verwechslung von Kundalini und Cunnilingus, gefährlich für Leib und Seele die von Vibrator und Defibrillator oder von Wake- und Waterboarding. Im Zweifelsfall besser die Klappe halten.
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