Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 29.10.2024, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Astronomie

Ohne initiale Explosion

Das kürzlich entdeckte schwarze Loch V404 Cygni weist einige Besonderheiten auf
Von Erik Rhea
15.jpg
V404 Cygni, aufgenommen mit dem Röntgenteleskop des NASA-Satelliten »Chandra«

Gleich und gleich gesellt sich gern, so sagt der Volksmund mit Bezug auf das Zwischenmenschliche. Physikalisch gesehen gilt dies auch für schwere Massen. Dass der Apfel Richtung Boden fällt, beobachten die Menschen schon seit sehr langer Zeit. Dass der Apfel die Erde jedoch prinzipiell ebenso anzieht wie die Erde den Apfel, dies beschrieb erst Isaac Newton gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Ungefähr zur gleichen Zeit begann man astronomische Beobachtungen zu nutzen, um die Geschwindigkeit des Lichtes zu messen und somit auch die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit zu beweisen. Dies führte zu der Überlegung, dass es Sterne geben könnte, die so schwer sind, dass das Licht nicht mehr die Geschwindigkeit hat, um der Gravitation dieses Sternes zu entfliehen. Diese Sterne wären dann so dunkel, dass sie praktisch nicht beobachtet werden können.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich das Verständnis von Gravitation und auch von Licht und Lichtgeschwindigkeit noch einmal deutlich verändert. In Einsteins Relativitätstheorie ist die Lichtgeschwindigkeit eine fundamentale Konstante. Das Licht kann im leeren Raum um keinen Deut schneller oder langsamer sein, als es immer ist, statt dessen sind es Wellenlänge und Frequenz der Lichtwellen, die variieren können. Licht wird also von einem schweren Körper nicht abgebremst, sondern von seiner Bahn abgelenkt oder es wird die Frequenz verändert. Eine hohe Frequenz bedeutet energiereicheres Licht, was uns im Spektrum blauer erscheint. Eine niedrige Frequenz bedeutet energieärmeres Licht, was im Spektrum eher rot erscheint. Ein besonders massereicher Stern könnte also das entweichende Licht nicht einfangen, aber so sehr ins Rote verschieben, dass es letztendlich gar keine Energie mehr hat und de facto verschwindet.

Das verbesserte Verständnis der Astronomie und auch der Kernprozesse, die in Sternen ablaufen, führte im 20. Jahrhundert dazu, dass man die Existenz solcher »gravitativ vollständig kollabierten Objekte«, die man ab den 1960er Jahren schwarze Löcher zu nennen begann, für immer wahrscheinlicher hielt. Hat ein massereicher Stern seinen Kernbrennstoff verbraucht, entfällt der Strahlungsdruck, der den Stern stabil hält, und das Innere des Sternes kollabiert. Dabei wird die Außenhülle abgestoßen, das Ergebnis ist eine gewaltige Explosion, die wir Supernova nennen. Im Jahr 1939 konnten Tolman, Oppenheimer und Volkoff zeigen, dass ab einer bestimmten Masse eines Sternes der kollabierende Kern bei einer Supernova notwendig zu einem schwarzen Loch kollabiert. Das bedeutet, dass schwarze Löcher keineswegs ein seltenes Phänomen sind, sondern allein in unserer Galaxie wahrscheinlich millionenfach vorkommen.

Seit den 1970er Jahren werden schwarze Löcher auch von der beobachtenden Astronomie nachgewiesen. Da es zum Wesen schwarzer Löcher gehört, dass sie dunkel und für Teleskope entsprechend unsichtbar sind, muss die Beobachtung auf indirekte Methoden zurückgreifen, die in der Regel auf die Interaktion des schwarzen Loches mit der umgebenden Materie abzielen. Das schwarze Loch V404 Cygni beispielsweise kann nachgewiesen werden, weil es aktuell dabei ist, sich die Materie eines benachbarten Sternes, von dem es umkreist wird, einzuverleiben.

Neueste Beobachtungen zeigen, dass dieses System von einem weiteren Stern in sehr großem Abstand umkreist wird. Damit ist V404 Cygni das bisher erste schwarze Loch, von dem bekannt ist, dass es von mehr als einem Stern umkreist wird. Das Interessante daran ist, dass ein solches System aus drei Körpern hochgradig instabil ist. Der dritte Stern hat einen solch hohen Abstand zu dem schwarzen Loch, dass die gravitative Wirkung auf ihn nur noch sehr schwach ausfällt. Eine Sternenexplosion wie diejenige, aus der V404 Cygni nach den bisherigen Annahmen hervorging, hätte den dritten Stern eigentlich aus dem System herauskatapultieren müssen. Dass wir dieses Trio dennoch beobachten können, deutet darauf hin, dass dieses schwarze Loch entstanden sein könnte, ohne dass es eine initiale Explosion gab. Eventuell entstand es durch einen langsamen Prozess im Inneren eines Sternes, bei dem sich die Dichte des Kerns graduell vergrößert und dieser Bereich immer größere Masseanteile des ursprünglichen Sternes ausgemacht hat, bis schließlich ein schwarzes Loch entstand. Wie ein solcher Prozess möglich ist oder wie er ablaufen könnte, ist jedoch kaum erforscht. Die Analyse der Stabilität dieses Dreikörpersystems gab der Forschung zusätzlich die Möglichkeit, das Alter des schwarzen Loches auf etwa vier Milliarden Jahre zu schätzen. Normalerweise sind solche Schätzungen kaum möglich. V404 Cygni ist das erste schwarze Loch dieser Altersklasse, bei dem eine solche Abschätzung gelang.

In der nächsten Zeit kann erwartet werden, dass die Beobachtung schwarzer Löcher noch weitere Erkenntnisse liefern wird, da sich die Möglichkeiten, schwarze Löcher zu beobachten, durch die mit immer mehr Aufwand betriebene Radioastronomie und die erst vor wenigen Jahren möglich gewordene Gravitationswellenastronomie immer mehr erweitern.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Mehr aus: Natur & Wissenschaft