Auf Asche zu Asche
Von Marco BertramWährend am Freitag die Sonne schien und man am Strand von Warnemünde an lauschiger Ecke hätte denken können, der Sommer wäre zurückgekehrt, waberte am Samstag morgen suppiger Nebel über der Hansestadt Rostock. Bevor es ins Ostseestadion gehen sollte, wurde standesgemäß am »Haltepunkt« und auf der Sportanlage »Rote Erde« vorbeigeschaut. Dort ist der Name noch Programm: Die E-Junioren der SG Motor Neptun Rostock spielten um zehn Uhr auf roter Asche gegen den Güstrower SC 09. Sieben gegen Sieben, mit Mütze auf dem Kopf, zweimal 25 Minuten, lebhaft angefeuert von Trainern, Betreuern und Eltern. Erinnerungen an alte Zeiten wurden wach, als ich in Kindheit und Jugend am Stadtrand von Ostberlin auf schmutzig-grauer Schlackeasche des POS-Sportplatzes kickte und später Anfang der 1990er Jahre mit meinen Kumpels die rötlichen Ascheplätze von Leverkusen unsicher machte. Die Spuren einer Schürfwunde sind 30 Jahre später noch an meinem Hintern zu sehen. Tsss, in Schmeichelmanier wollte ich im Tor der Ledermulle entgegenhechten. Blöde Idee! Meist wollte ich vorn eh lieber ein Ulf Kirsten oder Axel Kruse sein. Rein das Ding – und zwar mit Schmackes! Am besten dabei den Kragen hoch wie MUFC-Legende Éric Cantona.
Apropos Kruse. Er hatte, bevor er als Junior 1981 zu Hansa Rostock kam, auch bei Motor gespielt. Allerdings bei Motor Wolgast. Was Motor Neptun Rostock betrifft, so geht die Historie weit zurück bis in die 1920er Jahre, als der Rostocker Ballspielverein das Leder rollen ließ. Am 10. Oktober 1948 wurde die BSG Motor Rostock/VEB Schiffswerft »Neptun« ins Leben gerufen, und für die Werftarbeiter spielte der Verein als Dreh- und Angelpunkt eine wichtige Rolle. In der Gegenwart spielt die erste Mannschaft in der Staffel II der Kreisliga Warnow. Nachdem in der Woche zuvor vor 40 Zuschauern der Laager SV 03 II mit 5:1 verputzt wurde, kam man am gestrigen Sonntag in Lalendorf mit 0:7 unter die Räder.
Stichwort Räder. Auf dem Weg nach Rostock wurden am Samstag morgen die Fans von RWE angegriffen. Zwischen Löwenberg und Gransee wurde der Sonderzug zum Halten gebracht, es flogen Steine und Böller. Unschön! Die Nachricht erreichte mich, als ich im gemütlichen Vereinsheim »Rote Erde« ein erstes Blondes verköstigte. Ohne Frage hatte ich in den vergangenen 35 Jahren manche »Aktion« von Fans gefeiert, doch die Art und Weise manch eines Angriffs in jüngerer Vergangenheit lässt mich mit dem Kopf schütteln. Busse abdrängen? Steine auf Züge werfen? Ein Stück der Liebe zur Fankultur wurde somit nach und nach zu Asche.
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