Wirtschaftsgipfel ohne Wirtschaftsminister
Von Susanne KnütterEs ist Krise und Wahlkampf. Da ist es nur folgerichtig, dass es zwei Wirtschaftsgipfel gibt, einen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), einen von Finanzminister Christian Lindner (FDP), und dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei keinem der beiden dabei ist. Bis Redaktionsschluss waren genaue Ergebnisse der am Dienstag tagenden »Expertenrunden« zur »Wirtschaftsflaute« zwar nicht bekannt. Wohin die Reise gehen soll, zeichnete sich aber ab. Auf allen Kanälen wurden die Forderungen von Kapitalverbänden rezipiert.
Angesichts fehlender Wettbewerbsfähigkeit forderte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie »jetzt Standortpolitik«. Wegen des Wandels zur Elektromobilität könnten bis 2035 weitere 140.000 Arbeitsplätze in der Branche wegfallen, warnte Hildegard Müller aus Anlass einer aktuellen Prognos-Studie am Dienstag. Die DIHK ging am Dienstag von einem Null-Wachstum für Deutschland aus.
Der Außenhandelsverband BGA kritisierte die Fokussierung der Bundesregierung auf einzelne große Konzerne der Automobilindustrie. Das Kabinett müsse endlich aufhören, staatliche Subventionen an einzelne Unternehmen und Branchen zu verteilen. »Das ist der falsche Weg«, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. Viel wichtiger wäre es, die Rahmenbedingungen für alle Unternehmen zu verbessern.
Wie das aussehen könnte, formulierte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf: geringere Unternehmenssteuern und Energiepreise. Zudem könnten etwa die Entbürokratisierung und Sozialversicherungsbeiträge angegangen werden.
Für den Fall, dass die Bundesregierung die Produktionskosten des Standortes Deutschland nicht senkt, wurden schon einmal Drohungen formuliert: Immer mehr Unternehmen verschöben eigentlich geplante Investitionen in Deutschland oder strichen sie ganz, erklärte Müller in bezug auf die Prognos-Studie. Mehr als jedes dritte Unternehmen plane eine Investitionsverlagerung ins Ausland. »Positive Standortsignale sind jetzt entscheidend.«
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (30. Oktober 2024 um 18:22 Uhr)Was soll man sagen? Die Damen und Herren »Wirtschaft« und deren Lobby-Verbände wissen ganz genau, woher die Kostenexplosion, nicht nur der energieintensiven Unternehmen, kommt. Jahrzehntelang haben die deutschen Unternehmen von der kostengünstigen Energie, die aus Russlands Gas erzeugt wurde, profitiert. Die Wirtschaftslokomotive in der EU war die BRD. Bis man sich entschlossen hat, die Wirtschaftspolitik einem grünen Ideologen anzuvertrauen, der noch dazu ein höriger Transatlantiker ist. Der Staatsterror gegen die Gaspipeline Nord Stream 2, welcher vom US-Präsident angekündigt und vom deutschen Bundeskanzler unwidersprochen hingenommen wurde, änderte alles. Nun steht die deutsche Wirtschaft vor den angerichteten Scherben und traut sich nicht, Tacheles zu reden. Subventionen sollen her und wer diese bezahlen soll, steht für die Bosse auch schon fest: die Sozialversicherung, soll heißen, die lohnabhängigen Arbeiter und Angestellten, sollen die schlechte Politik der Ampelregierung gegenfinanzieren. Dass der zuständige Minister an den Gipfeln nicht teilnimmt, muss nicht extra kommentiert werden.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (30. Oktober 2024 um 09:52 Uhr)Mehr Mut zur echten Marktwirtschaft! Warum der plötzliche Vertrauensverlust in die Marktwirtschaft? Es gibt sicherlich berechtigte Kritikpunkte an der deutschen Wirtschaft. Doch die Alternativen sehen kaum erfreulicher aus. Statt die Marktwirtschaft zu ersetzen, sollten wir ihre Defizite gezielt benennen und abbauen. Momentan scheint der Fokus der deutschen Wirtschaft nicht darauf zu liegen, Rahmenbedingungen für eine gesellschaftlich nützliche Wertschöpfung zu schaffen. Stattdessen fordert die Marktwirtschaft selbst wieder mehr Anstrengung und Innovation. Die zentralen Defizite der Marktwirtschaft: Von der sozialen zur politisierten Marktwirtschaft. Es ist schwer, heute noch von einer »sozialen Marktwirtschaft« zu sprechen. Vielmehr ist eine »politisierte Marktwirtschaft« entstanden, in der ideologische und bürokratische Einflüsse zunehmend dominieren. Staatliche Bürokratie als Bremsfaktor. Ein wesentlicher Teil der heutigen Probleme liegt in der staatlichen Verwaltung. Zunehmende Regulierungen und Eingriffe in den Marktablauf stärken die Bürokratie und verschleiern Fehlentscheidungen großer Unternehmen. Fehlende Verantwortung bei Unternehmensführungen. Manager großer Unternehmen beziehen oft hohe Boni, ohne Verantwortung für die langfristige Gesundheit des Unternehmens zu übernehmen. Die viel beschworene »Verantwortung« ist allzu oft nur ein leeres Versprechen, und Rückforderungen von Boni sind im Falle wirtschaftlichen Misserfolgs kaum vorgesehen. Statt jedoch auf ideologisch geprägte, »grüne« Alternativen zur Marktwirtschaft zu setzen, gilt es, die genannten Schwachstellen anzugehen und zu beheben. Mein Plädoyer: Mehr Mut zur echten Marktwirtschaft!
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (30. Oktober 2024 um 19:48 Uhr)Es faselt sich gut über die perfekte Marktwirtschaft. Der Markt als Regulator alles Menschlichen, das ist der feuchte Traum von Ideologen, die die Masse der Menschen für unfähig halten, ihre eigenen Dinge selbstbewusst regeln zu können, zu ordnen und zu organisieren. Was für eine pessimistische Weltsicht!
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