Den Bruch nutzen
Von David MaiwaldIn der größten Tarifrunde des Jahres fährt die Kapitalseite einen Frontalangriff: Der Volkswagen-Konzern hat zusammen mit den Tarifverträgen auch die »Sozialpartnerschaft« bei der IG Metall aufgekündigt. Die Signalwirkung von Standortschließungen, Massenentlassungen und Lohnkürzung reicht weit über die an diesem Mittwoch fortgesetzten Verhandlungen hinaus. Doch die größte Einzelgewerkschaft im DGB darf der nun gekreuzten Linie nicht nachweinen. Nutzt sie den Bruch, um Beschäftigte über Betriebsgrenzen hinweg entlang der gemeinsamen Interessen zu organisieren, könnte sie deren Arbeitsbedingungen verbessern und gleichzeitig die Grenzen ihrer Mitbestimmung ausweiten.
Es wird das Dilemma der Gewerkschaft nicht lösen, dass VW-Chef Oliver Blume und die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner im Kanzleramt gemeinsam für weitere Erleichterungen für die Unternehmen bettelten. Von einer Regierung, die gleichzeitig zwei Wirtschaftsgipfel ohne den Wirtschaftsminister abhält, ist wenig zu erwarten. Zumal sie der irrsinnigen »Schuldenbremse« anhängt, die für die anhaltende Rezession ebenso verantwortlich ist wie für den Zusammenbruch von Kliniklandschaft und Verkehrsinfrastruktur, die grassierende Wohnungsnot und fortschreitende Verarmung. Im Spiegel forderte Benner am Dienstag im Grunde weitere Subventionen: »Ob jetzt die Schuldenbremse gelöst oder ein Sondervermögen eingerichtet wird, ist mir wumpe.«
Im engen Rahmen der »Sozialpartnerschaft« bleibt ihr nichts anderes übrig, denn die IG Metall hat ihre rote Linie bei den von VW angekündigten Werkschließungen gezogen. Ihr droht nun ein Gesichtsverlust, kann sie ihre Forderung zum Erhalt der Standorte nur durch drastische Jobkürzungen erreichen. Bei Thyssen-Krupp Steel, wo ebenfalls Zehntausende Erwerbsstellen bedroht sind, steht die IG Metall vor einer ähnlichen Situation. Die Kapitalseite hat dort bereits deutlich demonstriert, wieviel Mitbestimmung sie gestattet. Da kann die Gewerkschaftsvorsitzende nun den »klaren Zusammenhang zwischen guter Arbeit und stabiler Demokratie« beschwören, wie sie will: Es ist das ureigene Geschäft von Konzernbossen wie Oliver Blume und Miguel López, Profite – und auch Managementfehler – auf den Rücken der Beschäftigten abzutragen.
Lange genug hat die »Sozialpartnerschaft« Arbeiterkämpfe für das Profitstreben unersättlicher Manager und Aktionäre eingehegt. Schon mit Bekanntgabe der Tarifforderungen war es eine kleine Niederlage, dass die Kapitalseite einen Zug vollführt hat, den kämpferische Gewerkschafter schon seit Jahren von ihrer Führung einfordern. Bringt die IG Metall in diesem Sinne nun das Untrennbare zusammen und organisiert Volkswagen-Belegschaft, Metaller von Auto- und Zulieferindustrie und die Stahlkocher von Thyssen-Krupp in einem gemeinsamen Kampf, hat sie in allen diesen Herausforderungen wohl die besten Erfolgsaussichten.
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