Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 30.10.2024, Seite 16 / Sport
Fußballrealität

Wasser auf die Mühlen

Der Hooligan-Überfall in Brandenburg war offenbar orchestriert
Von Nils Breitenbach
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Besser im Block als am Bahndamm: Anhänger von Hansa Rostock

Die Bilder des Angriffs von Hansa-Rostock-Hooligans auf einen Zug, die am Sonnabend auf der Plattform X kursierten, lassen Außenstehende erschaudern. Zum Drittligaspiel des FCH gegen Rot-Weiss Essen organisierten die Gäste aus dem Ruhrpott einen Fansonderzug, der nördlich von Berlin von rund 150 größtenteils Vermummten mit Steinen angegriffen wurde. Es erinnerte ein wenig an eine Szene aus den »Herr der Ringe«-Filmen, wie gegen 9.30 Uhr die weiß gekleidete Menge aus den Nebelschwaden entlang der Bahntrasse auftauchte und auf den Zug zustürmte. Sogar Nachrichtenportale außerhalb Deutschlands berichteten.

Doch so simpel, wie es wirkt, war es Insidern zufolge nicht. Bereits im Vorfeld hatten offenbar Gleichgesinnte vom RWE mit den Rostockern Kontakt aufgenommen, die genaue Zugroute samt Fahrtzeiten durchgegeben und kurz vor Gransee im Landkreis Oberhavel die Notbremse gezogen. Laut Social-Media-Berichten seien sogar Vertreter der aktiven Fanszene rechtzeitig durch den mit über 700 Essen-Fans gefüllten Zug gelaufen und hätten die Mitreisenden aufgefordert, sich von den Fenstern fernzuhalten. Denn auf diese hagelte es dann Steine, was von den Rot-Weißen mit vereinzelten Böllern beantwortet wurde. Die Bahnstrecke wurde anschließend für rund vier Stunden gesperrt, Regional- und Fernzüge strandeten unweit in Löwenberg und Fürstenberg.

Bereits einen Tag darauf durchsuchte die Polizei die Wohnung eines 20jährigen aus Nordwestmecklenburg, der der Tatbeteiligung verdächtigt wird. Die Gästefans erreichten unterdessen erst zur zweiten Halbzeit das Spiel im Ostseestadion, als ihre Ruhrpottkicker schon mit 0:1 zurücklagen. Nach dem Seitenwechsel kam es dicke, die Essener mussten mit 0:4 die Heimreise antreten. Die Klubführung des F. C. Hansa stellte anschließend klar, dass die identifizierten Täter mit harten Konsequenzen rechnen müssen und alles getan werde, »dass diese Leute in kein Fußballstadion mehr kommen«, so Klubvorsitzender Jürgen Wehlend. Am Montag traten fünf Hansa-Aufsichtsräte wegen des Angriffs zurück. »Wir wollen uns nicht schweigend mit dieser Entwicklung gemein machen«, schrieben sie in einer Erklärung.

Hansa Rostock und Rot-Weiss Essen sind seit Jahren für sehr gewaltbereite und rechtsgesinnte Teile ihrer Fanszenen bekannt. Der Überfall vom Wochenende war für deutsche Verhältnisse jedoch von neuer Qualität. Ob die harschen Worte der Vereinsoffiziellen ihre Wirkung entfalten, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Derart kurz nach dem Treffen der Innenminister mit Verbandsvertretern am 18. Oktober, bei der die Politiker einen rigideren Kurs gegen Fußballfans forderten und die sozialpädagogischen Fanprojekte in Frage stellten, ist das Geschehene Wasser auf die Mühlen der Hardliner.

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