75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 21. November 2024, Nr. 272
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 31.10.2024, Seite 2 / Ausland
Konflikt in Osteuropa

Ukraine will wieder verhandeln

Das Golfemirat Katar soll erneut bei Gesprächen mit Russland vermitteln
Von Jörg Kronauer
Russia_Ukraine_83929058.jpg
Aus der Tarnung heraus: Russischer Soldat beschießt ukrainische Stellung nahe Kursk (28.10.2024)

Die Ukraine bemüht sich um die Wiederaufnahme von Gesprächen mit Russland über eine beiderseitige Einstellung der Angriffe auf die Energie- bzw. die Erdölinfrastruktur. Das berichtete am Mittwoch die Financial Times unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Insider, unter ihnen Mitarbeiter der ukrainischen Regierung. Vermitteln soll den Deal demnach das Emirat Katar.

Verhandlungen mit der Absicht, Kraftwerke und Umspannanlagen auf ukrainischer sowie Erdöllager und Raffinerien auf russischer Seite von Kriegshandlungen auszunehmen, waren zuerst nach dem gescheiterten Schweizer Ukraine-Gipfel im Juni initiiert worden. Bereits damals war Katar als Mittler behilflich gewesen. Die Verhandlungen galten dabei auch als ein Versuch, sich schrittweise auf ein Ende des Krieges hinzubewegen. Sie waren, wie im August die Washington Post berichtete, schon recht weit gediehen, beide Seiten planten ein erstes persönliches Treffen in Doha, als der ukrainische Angriff auf das russische Gebiet Kursk dem Vorhaben ein Ende setzte. Die in Moskau gehegte Hoffnung, »die Kämpfe könnten dieses Jahr enden«, sei geplatzt, ließ sich damals der russische Liberale Grigori Jawlinski zitieren.

Nun scheint Kiew – wohl mit Blick auf seine desolate militärische Lage – den Plan wieder aufgreifen zu wollen. Während AFP berichtet, der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexander Litwinenko, habe dem Parlament mitgeteilt, es sollten 160.000 Personen neu in die Streitkräfte eingezogen werden, bestätigte ein Diplomat der Financial Times, es würden tatsächlich erste Gespräche über eine Wiederaufnahme der im Sommer bereits relativ weit gediehenen Verhandlungen geführt. Um die beiderseitige Bereitschaft auszutesten, seien die Angriffe auf die Energie- bzw. die Ölinfrastruktur schon jetzt reduziert worden; darauf hätten sich Geheimdienststellen aus Moskau und aus Kiew verständigt, schreibt das Blatt.

Voraussetzung für eine Vereinbarung sei freilich, dass die ukrainischen Truppen das Gebiet Kursk verließen, ließ sich ein früherer Mitarbeiter des Präsidialamts in Moskau von der britischen Zeitung zitieren. Vor diesem Hintergrund berichteten Politik und Medien im Westen am Mittwoch weiter über eine etwaige Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Kursk.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (31. Oktober 2024 um 11:04 Uhr)
    Der Titel »Ukraine will wieder verhandeln« wirft Fragen auf. Wann hat die Ukraine jemals ernsthaft verhandelt? War das im März 2022 der Fall? Oder im Sommer 2024 in der Schweiz, als Russland nicht einmal eingeladen wurde? Kürzlich gab es laut Wladimir Putin erneut Gespräche, die dann jedoch von ukrainischer Seite abgebrochen wurden. Das klingt nach allem anderen als nach »Verhandlungsbereitschaft der Ukraine.« Nun zur Behauptung im Artikel: »Die Ukraine bemüht sich um die Wiederaufnahme von Gesprächen mit Russland über eine beiderseitige Einstellung der Angriffe auf die Energie- bzw. die Erdölinfrastruktur.« Diese Aussage ignoriert einige wichtige Aspekte. Russland selbst bezeichnet den Konflikt als »Spezialoperation« – eine Art, wie die USA im Irak und Afghanistan oder der Westen in Jugoslawien und Libyen vorgingen. Nicht schön, aber so ist es nun einmal. Russland hat anfangs bewusst darauf verzichtet, das ukrainische Hinterland massiv zu bombardieren oder die Dnepr-Brücken zu zerstören, um strategische Vorteile zu erlangen. Erst nach dem Anschlag auf die Kertsch-Brücke, der die Krim mit Russland verbindet, begann Moskau mit Angriffen auf die ukrainische Infrastruktur. Die ukrainische Führung hätte diese Reaktion Russlands voraussehen und kalkulieren können, denn Russland verfügt über erheblich größere Kapazitäten, solche Schäden zuzufügen. Die sogenannte Offensive auf Kursk erscheint, wenn man sie objektiv betrachtet, beinahe naiv und wenig strategisch durchdacht. Für mich zeigt sie klar, dass die Führung in Kiew jegliche realistische Strategie aus den Augen verloren hat. Und jetzt will die Ukraine verhandeln, obwohl Verhandlungen mit Putin per Gesetz immer noch untersagt sind?
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (31. Oktober 2024 um 07:27 Uhr)
    Verhandlungen hat Russland schon seit Beginn des Konfliktes angeboten und in Istanbul im Frühjahr 2022 erfolgreich abgeschlossen. Der Westen hat die Umsetzung torpediert und hierfür ein Horrorszenario in Butscha inszeniert. Das Regime in Kiew hat bisher weitere Verhandlungen abgelehnt bzw. mit inakzeptablen Forderungen verknüpft. Man ist in Kiew nur dann zu Gesprächen bereit, wenn die Realitäten an der Front keinen anderen Weg offenlassen. Russland kann die Bedingungen diktieren und es ist folgerichtig, dass Gespräche über was auch immer den Rückzug aus dem Oblast Kursk voraussetzen. Anderenfalls sollte die Infrastruktur des militärisch-industriellen Komplexes der Ukraine weiter ein legitimes Ziel von Angriffen sein.

Ähnliche:

  • »Der Satz ›Nie wieder!‹ hat uns schon in der Vergangenheit blind...
    30.10.2024

    Nie wieder!

    Die Friedenspreisträgerin« Anne Applebaum erklärt den Pazifismus zum Ausdruck der Unmoral. Der Ruf nach Frieden aber bleibt aktuell
  • Auf der Such’ nach neuem Kanonenfutter: Rekrutierungsoffizier in...
    25.10.2024

    Eine Million Männer gesucht

    Ukraine verschärft Mobilisierungsrichtlinien erneut. Weiter Wirbel um nordkoreanische Soldaten

Mehr aus: Ausland