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Aus: Ausgabe vom 31.10.2024, Seite 5 / Inland
Institutioneller Rassismus

Minusrunde für Geflüchtete

Ministerium von Hubertus Heil kürzt Leistungen für Asylsuchende. Pro Asyl spricht von »bislang einmaligem Vorgang«
Von Jens Walther
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Schutzsuchende in einer »Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende« (AfA) in Trier (14.11.2023)

Das Prinzip ist bekannt: Leistungen kürzen, nach unten treten. Im Visier deutschen Regierungshandelns: abermals Geflüchtete. Denn die monatlichen Bedarfssätze des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) sinken, berichtete dpa am Mittwoch. Je nach Alter, Wohn- und Familiensituation werden die Zahlungen zum Jahreswechsel um 13 bis 19 Euro im Monat verringert. Die gekürzten Sätze waren am Dienstag vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Hubertus Heil (SPD) im Gesetzblatt veröffentlicht worden.

Demnach erhalten Alleinstehende, die nicht in Sammelunterkünften hausen müssen, künftig 441 Euro monatlich statt wie bisher 460 Euro. Für Paare in gemeinsamer Wohnung und für Asylsuchende in abgewrackten Wohnsilos oder Containerdörfern sinkt der monatliche Betrag von 413 auf 397 Euro pro Person. Die Sätze für Kinder und Jugendliche, ferner für Unverheiratete unter 25 Jahren, die bei ihren Eltern leben, liegen noch darunter. Und: Der Bedarf zum Lebensunterhalt kann auch mittels Sachleistungen vermeintlich gedeckt werden.

Die BRD-Regierung ist gesetzlich verpflichtet, sogenannte Regelbedarfe für Sozialleistungen an die Entwicklung von Preisen und Nettolöhnen anzupassen. Im Jahrestakt. Bei Sozialhilfe und Bürgergeld gilt im Vergleich zum AsylbLG eine Bestandsschutzregel. Die besagt, dass Regelbedarfssätze nicht herabgesetzt werden dürfen, mindestens gleich bleiben müssen. Nicht so beim AsylbLG, meint das BMAS. Hier können die Ministerialbürokraten munter den Rotstift ansetzen, wenn die dafür angewandte Berechnungsmethode dies zulässt.

Die Minusrunde für Geflüchtete sei ein bislang einmaliger Vorgang, kritisierte die Organisation Pro Asyl die Kürzung. »Bund und Länder setzen ihre antisoziale Politik auf dem Rücken der Allerschwächsten fort.« Und die vom BMAS verantwortete und vom Bundesrat beschlossene Verordnung sei die vierte binnen zwölf Monaten, mit der die Verantwortlichen schutzsuchende Menschen tiefer in die existentielle Not trieben. »In diese Reihe gehören schon die diskriminierende Bezahlkarte, verlängerte Grundleistungen im AsylbLG und die infame Leistungsstreichung im Sicherheitspaket«, betonte Pro Asyl.

Ähnlich argumentierte kürzlich der Paritätische Gesamtverband – und bemängelte die aktuelle Berechnungsmethode »für die Anpassung der Regelsätze«. Die nächstjährige Nullrunde etwa für Sozialhilfe- und Bürgergeldbezieher sei angesichts der Teuerungswelle und gestiegener Einkommen Erwerbstätiger nicht sachgerecht. Arme Menschen verlören damit zusätzlich an Kaufkraft und letztlich an gesellschaftlicher Teilhabe. Für Asylsuchende gelte dieselbe Berechnungsmethode. Eigentlich. »Aber schon jetzt sind die Leistungen nach dem AsylbLG geringer als die Bürgergeldsätze, nun geht die Schere noch weiter auf«, so der Paritätische.

Fraglich sei laut Pro Asyl, ob die nun »beschlossene Regelung verfassungskonform ist«. Denn verschiedene soziale Gruppen bedürftiger Personen würden ungleich behandelt. Das Verfassungsgericht hatte 2012 im Grundsatz erklärt, »dass die Sozialleistungen für Geflüchtete nicht pauschal niedriger bemessen sein dürfen als die regulären Sozialleistungen«. Anders ausgedrückt: Menschenwürde sei migrationspolitisch nicht zu relativieren. Eine hehres Versprechen, wenn da nicht auch Schreibtischtäter eines institutionellen Rassismus wären.

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