»Asow« bei der NATO
Von Susann Witt-StahlDie Mitglieder der Delegation der 12. Spezialbrigade »Asow« posierten im europäischen NATO-Hauptquartier mit sichtbarem Stolz vor den Kameras. Schließlich war der offizielle Empfang in Brüssel Mitte dieses Monats nicht weniger als ein Ritterschlag für die ehemalige ukrainische Fascho-Hooligan-Miliz und zumindest symbolisch ein Akt der Initiation in das mächtigste Militärbündnis der Welt.
Repräsentiert wurde die Neonazitruppe (sie ist im Oktober 2014 in die ukrainische Nationalgarde eingegliedert worden) von drei Kämpfern, die in Flecktarnfelduniform erschienen, einer Vertreterin der Koordinierungsstelle zur Behandlung von Kriegsgefangenen und einem Mitglied der Vereinigung der »Asowstal-Verteidigerfamilien«. Nicht nur für PR-Fotos, die auf Präsident Wolodimir Selenskijs Medienplattform United 24 verbreitet werden (sie eignen sich perfekt als Wunschbilder des von der ukrainischen Regierung ersehnten NATO-Beitritts): Die »Asow«-Abordnung war auch zu Unterredungen mit der stellvertretenden Generalsekretärin für öffentliche Diplomatie, Marie-Doha Besancenot, und weiteren Vertretern der westlichen Kriegsallianz geladen. Darüber hinaus soll es diverse Treffen mit EU-Parlamentsabgeordneten »verschiedener Fraktionen« gegeben haben. Themen der Brüsseler Gespräche seien unter anderem »die systematische Missachtung der Genfer Konventionen« durch Russland gewesen.
Die NATO macht’s möglich. Nachdem im Sommer eine Werbe- und Rekrutierungstournee der »Asow«-Brigade der ukrainischen Armee durch westeuropäische Städte, darunter Berlin und Hamburg, größtenteils abgesagt werden musste, gelang es der Einheit bereits im September, doch noch »Boots on the ground« in Deutschland zu bekommen. Und zwar in der US-Airbase Ramstein: In Präsident Wolodimir Selenskijs Delegation für das Treffen der Ukraine Defense Contact Group, an dem auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius teilnahm, fand sich Neonazi Dmitro Kosazkij. Der »Asow«-Fotograf wird im Westen als Popstar gefeiert, seit er Bilder von der Schlacht um das Hüttenwerk »Asowstal« in Mariupol 2022 veröffentlicht hatte. Kosazkij, der jetzt für das ukrainische Verteidigungsministerium tätig ist, war auch schon beim Meeting der Ukraine Defense Contact Group im Juni dabei. »Jens Stoltenberg begrüßte mich!!!« prahlte er auf seinem X-Kanal »@kztsky« mit der Audienz beim damaligen NATO-Generalsekretär. Dass Kosazkij früher in den sozialen Netzwerken Hakenkreuze und, wie der Publizist Moss Robeson recherchiert hat, ein Foto von seinem Beintattoo mit dem Emblem der KZ-Wachtruppen der SS und dem Kommentar »Ich bereite mich auf die NATO-Standards vor« gepostet hat, ist offenbar keineswegs karrierehinderlich – Hauptsache, die Ehre von »Asow« heißt NATO-Treue.
Krieger der Truppe werden auch längst von der NATO ausgebildet. So meldete ihre 12. Spezialbrigade im März auf dem »Asow«-Telegram-Kanal die erfolgreiche Teilnahme eines ihrer Offiziere an einer Civil-Military-Cooperation-Schulung beim US Special Operations Command Europe, das sein Hauptquartier in Stuttgart-Vaihingen hat. Garniert war die frohe Botschaft mit einem Foto von Soldaten mit »Asow«-Wolfsangelfahne, Star-Spangled Banner und der Nationalflagge Polens vor einer Kaserne (die Symbole auf anderen Flaggen, die hochgehalten wurden, hat man vorsorglich unkenntlich gemacht).
Wie zum Beispiel Veteranen aus den Vereinigten Staaten berichten, die mit der Neonazieinheit in der Ukraine im Fronteinsatz waren, gelten die Special Forces der US- und anderer NATO-Truppen bei »Asow« längst als Idole. Dass wiederum der »Asow«-Kult in der westlichen Welt weiter viral geht – dafür sorgt deren Kulturindustrie mit dem Vertrieb von Mockumentarys wie »We Were Recruits« und Heldenkitschcomics. Ebenso die North Atlantic Fella Organization (NAFO): Die rechte Internet-Propaganda-»Armee« beweist mit ihrem großen Merchandiseangebot ausschließlich von Plunder, der schrill-pinke Queerästhetik mit testosterongeimpftem Military Combat Style vereint, dass Faschismus und »werteorientierter« NATO-Imperialismus (heute wieder) zusammengehören wie »Freedom« und »Democracy«.
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