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Aus: Ausgabe vom 31.10.2024, Seite 7 / Ausland
Frankreich–Marokko

Glänzende Geschäfte

Marokko: Französischer Präsident bei Staatsbesuch mit vollen Auftragsbüchern belohnt. Der Preis ist der Verrat an der Westsahara
Von Jörg Tiedjen
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Plötzlich wieder beste Freunde: Emmanuel Macron und Mohammed VI. im Königspalast in Rabat (28.10.2024)

Das war eine Reise, die sich gelohnt hat. Mit einem Bündel hochdotierter Verträge ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch von einem dreitägigen Staatsbesuch in Marokko zurückgekehrt. Schon am ersten Tag der Visite waren nicht weniger als 22 Abkommen unterzeichnet worden, allen voran laut der Nachrichtenseite Le Desk mehrere Vereinbarungen, die den Ausbau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke für Züge zwischen Tanger und Marrakesch betreffen. Zudem will das Energieunternehmen Total Energies in dem nordafrikanischen Königreich sogenannten grünen Wasserstoff produzieren. Laut AFP haben die Geschäfte ein Volumen von insgesamt zehn Milliarden Euro.

Den politischen Preis dafür hatte Macron bereits im Sommer bezahlt. Dabei ging es einmal mehr um die von Marokko zu weiten Teilen völkerrechtswidrig besetzte Westsahara. In einem Brief an den marokkanischen König Mohammed VI. zu dessen 25. Thronjubiläum im Juli war Macron eingeknickt und hatte sich hinter die Position Rabats gestellt, wonach die alte spanische Kolonie unverbrüchlicher Teil des nordafrikanischen Königreichs sei. Das hatte den soeben beendeten Staatsbesuch, bei dem Macron von neun Ministern und Honoratioren wie UNESCO-Chefin Audrey Azoulay oder dem »Intellektuellen« Bernard-Henri Lévy begleitet wurde, überhaupt erst ermöglicht.

Macrons Kurswechsel wurde bei dem Besuch nochmals bestätigt. In einer Erklärung über eine »Verstärkte Partnerschaft«, mit der man »ein neues Kapitel in der langen gemeinsamen Geschichte« eröffnen will, wird nicht nur formelhaft die »gegenseitige Anerkennung der territorialen Integrität« bekräftigt. Mehr noch stellte sich Macron in einer Rede vor dem marokkanischen Parlament am Dienstag erneut hinter den von Rabat vorgestellten, aber nie weiter ausgeführten Plan einer »Autonomie« der Westsahara innerhalb Marokkos – obwohl der Europäische Gerichtshof erst Anfang des Monats nach Klagen der Befreiungsfront Polisario in letzter Instanz bestätigt hat, dass die Westsahara nicht zu Marokko gehört.

Lange war das Tischtuch zwischen Marokko und der früheren Kolonialmacht Frankreich zerrissen. Ein Grund dafür war der Skandal um die israelische Spionagesoftware »Pegasus«. 2021 hatte die Organisation Forbidden Stories Untersuchungen bekanntgemacht, nach denen der marokkanische Geheimdienst 2019 die Mobiltelefone nicht allein französischer Journalisten, sondern auch Macrons und seines damaligen Innenministers mit dem Programm ins Visier genommen hatte. Das führte zu einer Abkühlung in den französisch-marokkanischen Beziehungen und zu einer vorübergehenden Annäherung zwischen Paris und Algier.

Auch in Spanien soll Marokko Forbidden Stories zufolge Medienvertreter und Politiker mit Hilfe von »Pegasus« ausgeforscht haben. Als der spanische Premier Pedro Sánchez Anfang 2022 ganz ähnlich wie zuletzt Macron in Sachen Westsahara einen Kursschwenk vollzog und die marokkanische Position übernahm, war schnell vermutet worden, dass Rabat wegen »Pegasus« etwas in der Tasche hatte, um den Regierungschef unter Druck zu setzen. Dieser selbst gab jedoch nicht zuletzt wirtschaftliche Gründe für seinen Schritt an. Allerdings wurde Spanien von Marokko lange nicht so reich belohnt wie jetzt Frankreich für Macrons »Verrat« an der Westsahara.

Selbstverständlich spielte das Thema Migration ebenfalls eine Rolle. In seiner Rede vor dem Parlament in Rabat mahnte Macron »mehr Ergebnisse« in der Zusammenarbeit bei der Einwanderungspolitik an. Laut AFP gehe es vor allem um »effizientere Abschiebungen«. Marokkaner ohne Bleiberecht könnten häufig nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden, weil die Behörden des Königreichs die dazu erforderlichen Papiere verweigerten. Der Ansturm Hunderter von Chancenlosigkeit und Verelendung betroffener jugendlicher Marokkaner auf die spanische Exklave Ceuta in den vergangenen Monaten hat allerdings nochmals klargestellt, dass die marokkanische Monarchie mit ihrem gesundheitlich sichtlich angeschlagenen König die Migranten selbst produziert, die sie nach Vorstellungen aus der EU bekämpfen soll.

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