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Aus: Ausgabe vom 31.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Automobilindustrie

Audi-Bosse demontieren Werk

Belgien: Deutscher Autobauer schließt Produktionsfabrik in Vorst. Gewerkschaft warnt vor Deindustrialisierung
Von Gerrit Hoekman
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Feuriger Protest – und dennoch wird das Autowerk dichtgemacht (Brüssel, 9.9.2024)

Der Stichtag steht: Am 28. Februar 2025 wird Audi Brussels die Produktion in seiner Fabrik in Vorst endgültig einstellen. Das haben die Gewerkschaften am Dienstag auf einer außerordentlichen Betriebsratssitzung erfahren, meldete die Nachrichtenagentur Belga. Bis dahin werde niemand entlassen, versprach Audi Brussels. Hunderte Beschäftigte werden nach dem 28. Februar noch in Vorst/Forest bleiben, um den Maschinenpark zu demontieren. Der Rest geht nach Hause und dreht Däumchen, bis ein neuer Job gefunden ist.

Am Mittwoch begannen die Gewerkschaften bereits mit der Direktion von Audi Brussels über einen Sozialplan zu verhandeln. »Wir besprechen die Entlassungsbedingungen«, sagte Ronny Liedts von der christlichen Gewerkschaft ACV/CSC gegenüber der Brüsseler Lokalsender Bruzz. »Vieles hängt von der Haltung der deutschen Verhandlungsführer am Tisch ab.« Bis jetzt habe Audi nur eine »lächerlich niedrige« Summe für die Abfindungen vorgeschlagen, erfuhr die flämische Tageszeitung De Standaard am Dienstag aus Gewerkschaftskreisen.

Ein Hoffnungsschimmer besteht noch, dass es mit einem neuen Besitzer in Vorst weitergehen könnte. Laut Audi Brussels laufen Gespräche mit dem letzten der ursprünglich rund 26 Interessenten. »Es handelt sich um ein Unternehmen, das im Bereich Nutzfahrzeuge, Lkw und Busse tätig ist«, sagte der Sprecher des Unternehmens am Dienstag gegenüber Medien. »Der Kontakt steht noch ganz am Anfang.« Ende nächster Woche soll aber schon die endgültige Entscheidung fallen. Nun hat das Rätselraten begonnen, welches Unternehmen das sein könnte. Vielleicht eine Firma aus Asien? Ein chinesisches Unternehmen könnte die Einfuhrzölle durch eine europäische Niederlassung umgehen, spekulierte De Standaard.

Die meisten Werktätigen haben allerdings längst resigniert. »Ich glaube nicht an eine Übernahme, für mich wird die Fabrik geschlossen«, sagte ein Arbeiter am Mittwoch gegenüber RTL Info. Wie er würden sich viele Kolleginnen und Kollegen schon seit einigen Wochen nach einer anderen Arbeit umschauen, erzählte der Arbeiter. »Es fällt uns trotz allem ein bisschen schwer, das zu realisieren«, zitierte RTL Info einen anderen Arbeiter. Und es kommt Wehmut auf. Jahrzehnte für Bosse, Boni und Dividenden geschuftet und plötzlich erwerbslos auf der Straße.

Das Skandalöse sei, dass die Belegschaft für die schlechten industriellen Entscheidungen des Volkswagen-Konzerns bezahlen müssten, sagte Hillal Sor, Generalsekretär der sozialistischen Gewerkschaft FGTB, der wallonischen Schwester des flämischen ABVV, am Mittwoch morgen in der öffentlich-rechtlichen TV-Sendung »Matin Première«. Und weiter: »Wir haben als Gemeinschaft viel Geld in diesen Standort investiert, viele öffentliche Zuschüsse haben dazu beigetragen, dass sich dieser Standort entwickeln konnte, und daher gibt es eine Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern«, so Sor. Audi habe die Bedingungen, die mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen verbunden waren, nicht eingehalten. »Meiner Ansicht nach muss Audi das Geld an die öffentliche Hand zurückzahlen.«

Übrigens: Seit vergangenem Donnerstag stehen die Bänder in Vorst mal wieder still – wie so oft in den vergangenen Monaten. »Wegen eines Streiks beim Zulieferer Imperial Logistics«, erklärte Liedts. Was nicht vergessen werden darf: Durch die Schließung des Audi-Werks in Vorst stehen bei den Zulieferern ebenfalls insgesamt bis zu 1.000 Jobs auf der Kippe. Die Schließung der Fabrik in Vorst ist ein nächster Schritt auf dem Weg zur Deindustrialisierung in Belgien, besonders in der Region Brüssel und der Provinz Wallonie, viele Jahrzehnte das pulsierende Herz der belgischen Wirtschaft. Aber im Prinzip drohe dieses Szenario ganz Europa, malt Sor ein düsteres Bild. »Wir werden dann zum Museum der Welt werden. Man wird kommen, um Europa zu besuchen, aber hier wird nichts mehr produziert.«

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