Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 01.11.2024, Seite 10 / Feuilleton
Bildende Kunst

Wie man mit dem Hammer malt

»Music of the Mind«: Yoko Onos frühe Konzeptkunst im K 20 in Düsseldorf
Von Matthias Reichelt
10 Yoko Ono Kopie.jpg
Yoko Ono, »Cut Piece« (1964), fotografiert am 21. März 1965 in der Carnegie Recital Hall, New York

An der Fassade des K 20 in Düsseldorf ist ein riesiges Foto der 34jährigen Yoko Ono mit ihrem Glashammer zu sehen. Aufgenommen wurde es 1967 in der Lisson Gallery in London. Außerdem prangt dort in großen Buchstaben der Text »PEACE IS POWER«. Schön wär’s, könnte man denken, denn zur Zeit entfaltet eher der Krieg seine Macht. Doch damit würde man Yoko Onos Denken und friedensaktivistischem Bemühen nicht gerecht werden. In ihrem Werk spielt die Vorstellung des noch nicht Realisierten und noch zu Erkämpfenden, das nur als Hoffnung und Traum existiert, eine große Rolle, vergleichbar etwa mit Ernst Blochs »Prinzip Hoffnung«.

Im K 20 sind nun einige von Yoko Onos frühen Arbeiten aus den 60er Jahren zu sehen, die in ihren zwei wichtigen Ausstellungen in der Indica Gallery und der oben erwähnten Lisson Gallery in London zu sehen waren. Darunter auch die Installation »Half-A-Room« von 1967 mit 29 halbierten Einrichtungsgegenständen.

Das große, auffällige Plakat mit der einfachen Botschaft »WAR IS OVER! If you want it« von Yoko Ono und John Lennon war zum ersten Mal 1969 in der Shaftesbury Avenue im Nordwesten von London in riesigem Format an der Brandmauer eines Hauses angebracht. Dieser Text begleitete nicht nur die Konzerte der Plastic Ono Band, sondern erschien als Anzeigen in Zeitungen und wurde regelmäßig als Plakataktion im öffentlichen Raum international wiederholt, so auch in Berlin. Eine immer aktuelle Erinnerung daran, dass Krieg menschengemacht ist und nur von Menschen verhindert werden kann. Aktuell wird Onos so scheinbar banaler Appell in vielen Regionen konterkariert. Nebenbei: Auch ein Demonstrant der großen Friedensdemonstration am 3. Oktober 2024 trug diesen Slogan auf einem Schild mit sich.

Die 1933 in Tokio geborene ­Fluxus-Künstlerin und Friedensaktivistin hatte sich längst im internationalen Kunstbetrieb einen Namen gemacht, als sie 1966 bei ihrer Einzelausstellung in der Indica Gallery den kunstaffinen John Lennon kennenlernte. Eines der dort ausgestellten Werke bestand aus einer weißen Leinwand, einem Hammer und einem Gefäß mit Nägeln. Der Titel lautete »Painting to Hammer a Nail« (Gemälde, um einen Nagel einzuschlagen). Lennon wollte auf der Vorbesichtigung unbedingt der erste sein, der einen Nagel in die Leinwand schlägt. Ono hingegen wollte, dass die Leinwand bis zur offiziellen Vernissage jungfräulich bliebe. Zu Lennon sagte sie, das wäre schon in Ordnung, wenn er fünf Schilling bezahlen würde. Der antwortete, er könne statt dessen ja einen imaginären Nagel einschlagen. »Da habe ich wohl einen Typen kennengelernt, der dasselbe Spiel spielt wie ich«, erinnerte sie sich später an die Begegnung. Der Beginn einer großen Liebe und langen produktiven Zusammenarbeit.

Typisch für die Fluxus-Künstlerin Yoko Ono ist ihre Vorliebe für immaterielle Kunst, die nur aus schriftlich fixierten Handlungsanweisungen besteht. Hinzu kommen Performances von bestechender Einfachheit wie das »Lighting Piece« (noch aus ihren New Yorker Kunsthochschultagen 1955) mit der Instruktion, ein Streichholz zu entzünden und es bis zum Verlöschen zu beobachten. Von dem Fotografen und Kameramann Peter Moore wurde das Zünden eines Streichholzes durch Ono auf Einladung von George Maciunas, dem Begründer der Fluxus-Bewegung, 1966 statt mit nur 24 Bildern mit 2.000 Bildern pro Sekunde festgehalten und als extrem langsamer Film generiert. Der Film gleich zu Beginn der Ausstellung im Düsseldorfer K 20 ist ein meditatives Ereignis über das Vergehen von Zeit.

Die Ausstellung wurde zuerst in der Londoner Tate Modern gezeigt und wird im nächsten Jahr auch im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen sein. Für Ono, die als Kind den Krieg und die Zerstörung sowie den hunderttausendfachen Mord durch den verbrecherischen Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki erlebte, muss dies als Kontext des »Lighting Piece« berücksichtigt werden. Aufgrund der Hitze der Explosion verbrannten die Menschen bei lebendigem Leib, wodurch an manchen Orten das kochende Fett der Körper silhouettenhafte Spuren im Mauerwerk hinterließ. Körperbilder, die heute als Mahnmale betrachtet werden können. Mit ihrem »Shadow Piece«, 1961 konzipiert, erinnert Yoko Ono auch nochmals daran, indem sie die Umrisse von Personen auf Leinwand, Papier oder Wände malt, wie sie es auf einem Trümmergrundstück in London 1966 im Rahmen des von Gustav Metzger veranstalteten »Destruction in Art Symposium« tat.

1965 führte sie das bis heute legendäre »Cut Piece« in der Carnegie Recital Hall in New York City auf, das sie als eine der frühesten feministischen Künstlerinnen ausweist. Ono saß in einem ihrer schönsten Kleider still auf dem Boden und vor sich eine Schere. Das Publikum war aufgefordert, etwas von ihrer Kleidung abzuschneiden. Obzwar ihrer Instruktion gemäß die Person auf der Bühne nicht unbedingt eine Frau sein musste, so geriet das Stück doch in der Nachwirkung zu einem provokanten Spiel mit Sexismus, weil der weibliche Körper entkleidet und dem voyeuristischen Blick des Begehrens ausgesetzt wurde. Während damals größere Teile der Kleidung herausgeschnitten wurden, bemühte sich Jahrzehnte später das Publikum bei einem Reenactment der weltberühmten Künstlerin, nur kleinstmögliche Stücke aus dem Kleid zu schneiden.

Dauerhaft installiert in der Sammlung des K 20 verbleibt »Painting to Be Constructed in Your Head« von 1962/2024, das nur als kleine Anweisung auf der Wand existiert und dann als Bild im Kopf der Besucherin und des Besuchers das Gebäude verlässt.

»Yoko Ono. Music of the Mind«, K 20, Düsseldorf, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, bis 16. März 2025

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Dieter Süverkrüp 1967 am Düsseldorfer Hauptbahnhof
    30.05.2024

    Der Freiherauskommunist

    Parteilich und anspielungsreich. Zum 90. Geburtstag des Musikers, Liedermachers und Grafikers Dieter Süverkrüp
  • Immer an der Wand lang: Péris Figuren
    20.12.2023

    Péri’s People

    Im Berliner Kunsthaus Dahlem ist der Bildhauer Peter László Péri zu entdecken

Mehr aus: Feuilleton