Es wird ein Brasilianer
Von André Dahlmeyer, Buenos AiresAls Argentiniens Fußballrekordmeister River Plate Buenos Aires vergangene Woche zum Halbfinalhinspiel der Copa Libertadores, der südamerikanischen Königsklasse, bei Atlético Mineiro antrat, lag eine Niederlage durchaus im Bereich des Möglichen. Zwar läuft es für den Alvinegro in der brasilianischen Liga Brasileirão eher holprig – man liegt nur auf dem zehnten Rang, hat bei einem Spiel weniger bereits zehn Punkte Rückstand auf die internationalen Plätze. Doch die Weiß-Schwarzen haben noch andere Eisen im Feuer. In der 36. Copa do Brasil wurden die Finalspiele (3. und 10. November) erreicht. Und seit man 2013 zum einzigen Mal die Copa Libertadores gewinnen konnte, ist der Pott für den Verein sowieso eine Obsession.
River Plate bekam in Belo Horizonte seine ganze Endlichkeit zu schmecken. Dabei war Marcelo Gallardo erneut bei River Plate angestellt worden, als Nachfolger seines Nachfolgers Martín Demichelis, um das Unternehmen Copa anzuschieben – schließlich ist Gallardo der erfolgreichste Trainer der Vereinsgeschichte und das diesjährige Libertadores-Finale findet am 30. November im Stadion der Riverplatenses statt. Doch jeder findet mal seinen Meister. River Plate kickte in Brasilien dermaßen schlecht, dass es schon tragisch war. Zweimal Deyverson und einmal der Ex-Leverkusener Paulinho (mit seinem siebten Copa-Treffer) schossen die Argentinier geradezu ab. Alle Treffer fielen wie im Trainingsspielchen, jeder aufrechte Argentinier versank vor Gram im Erdreich. Hätten die Gastgeber in der letzten Viertelstunde nicht die Arbeit verweigert, wären wohl noch mehr Tore gefallen.
Im Rückspiel in Buenos Aires stand Mineiro von Anfang an hinten drin, River Plate hatte den Ball und wusste nichts damit anzufangen. Nach einer halben Stunde unternahm ein kecker Gast zur Warnung einen Ausflug über die Mittellinie. Im Stadion waren rund 100.000 Zuschauer, zugelassen sind weniger als 90.000, vor lauter Pyrotechnik sah man die Hand vor Augen nicht. River Plate, das immerhin mit drei aktuellen Weltmeistern auflief, glänzte erneut mit Nervosität, Einfallslosigkeit, Fehlpässen und falschen Entscheidungen aller Art sowie dem völligen Fehlen von Effizienz (20:1 Ecken, 35:5 Chancen). Nur lange Pässe, wie sie vor Dekaden üblich waren. Dass Mineiro das Match nicht zeitig für sich entschied, lag an einigen fulminanten Rettungstaten von Tormann Franco Armani und am Gebälk. Die Einwechslungen des 18jährigen Claudio »Teufelchen« Echeverri (längst bei Manchester City angestellt und aktuell ausgeliehen) und des 17jährigen Franco Mastantuono nach der Pause kamen zu spät, auch wenn Echeverri ad hoc beinahe die Führung gelang – Goalie Éverson rettete spektakulär. Auch dass der paraguayische Nationalstürmer Adam Bareiro für den kolumbianischen Knipser Miguel Borja als einzige nominelle Spitze auf den Platz kam, blieb wirkungslos. Beide waren vom Spiel abgeschnitten, das Team stand viel zu weit auseinander. Es blieb beim 0:0.
Fest steht: zum sechsten Mal hintereinander wird ein Team aus Brasilien die Libertadores gewinnen. Denn Mineiros Finalgegner ist wie erwartet Botafogo FR, das nach dem 5:0 gegen Peñarol im Rückkampf in Montevideo mit 1:3 unterlag. Die Fußballabteilung wurde nach Corona als Aktiengesellschaft aus dem Verein ausgegliedert und 2022 zu 90 Prozent von der Eagle Football Holdings Limited von John Textor (»Hollywoods Virtual Reality Guru«) geschluckt. Zu der Holding gehören bereits Crystal Palace (40 Prozent), Olympique Lyonnais (90 Prozent) und der RWD Molenbeek (80 Prozent). Den Brasileirão führt Botafogo derzeit an, ist der große Titelfavorit neben SE Palmeiras.
Erster Finalist (23.11.) des zweitwichtigsten lateinamerikanischen Vereinsturniers Copa Sudamericana ist derweil der Cruzeiro EC, noch ein Team aus Belo Horizonte, das in der Nacht auf Donnerstag bei Buenos Aires den CA Lanús mit 1:0 (Hinspiel 1:1) ausschaltete. Der Gegner wurde in der Nacht auf Freitag zwischen Racing Club und SC Corinthians Paulista (Hinspiel 2:2) ermittelt.
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