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Aus: Ausgabe vom 04.11.2024, Seite 8 / Abgeschrieben
Abgeschrieben

Schlechter, teurer, längere Wege

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Werden knapper: Kapazitäten in der Notaufnahme (Blaubeuren, 27.10.2022)

Das Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen äußerte sich am Sonnabend in einer Mitteilung zur angekündigten Verschiebung der Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen:

Seit Beginn der Krankenhausreform in NRW beruhigt der zuständige Minister, Herr Laumann, die Menschen im größten deutschen Bundesland: Nicht jedes Krankenhaus müsse »alles machen«, einen »Kahlschlag« werde es mit ihm jedoch nicht geben.

Zudem versprach er: Eine »Zentralisierung mit Augenmaß«, eine Qualitätssteigerung für die Patient*innen, eine Sicherstellung der Versorgung für alle.

Seit den Krankenhauskonferenzen Ende April bis Anfang Juni 2024 war nichts mehr aus dem MAGS (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales) zu hören, im November sollten die Feststellungsbescheide an die Krankenhäuser versendet werden. 327 von 330 Krankenhäusern in NRW legten Widerspruch gegen die vorläufigen Bescheide ein. Nun wurde verlautbart, dass die Krankenhausreform um drei Monate verschoben wird. Zudem soll es – im Gegensatz zu den bisherigen Verlautbarungen – eine Übergangsfrist von zwölf Monaten geben.

Gemeinsam mit vielen lokalen Initiativen, »Krankenhaus statt Fabrik« und Verdi haben wir als Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen zu der Entwicklung und den Fortschritten der nordrhein-westfälischen Krankenhausplanung seit 2020 kritisch berichtet und sie mit Aktionen begleitet. Immer wieder haben wir öffentlich Fragen an das MAGS gestellt und kritische Bewertungen und Stellungnahmen verfasst. Wir haben so einen Beitrag dazu geleistet, dass der hinter geschlossenen Türen verhandelte Krankenhausplan inzwischen öffentlich diskutiert wird.

»Die Strukturen müssen für die Menschen da sein, nicht die Menschen für die Strukturen«, so die Devise von Herrn Laumann. »Jeder Bürger soll innerhalb von 20 Minuten ein Krankenhaus zu Erstversorgung erreichen«, lautet ein weiteres Zitat.

Aus Sicht unseres Bündnisses führt die Reform für alle Versorgungsgebiete immer wieder zum selben Ergebnis: weniger Qualität, deutlich teurer und lange Wege, die die Gesundheit der Bürger*innen gefährden und teilweise zu lebensbedrohlichen Situationen führen werden.

Unsere Forderungen lauten nach wie vor:

  • Eine patientenorientierte, barrierefreie, wohnortnahe und selbsthilfefreundliche Gesundheitsversorgung für alle!
  • Gemeinwohlorientierung und Gewinnverbot!
  • Stopp der Privatisierung von Krankenhäusern!
  • Abschaffung des DRG-Fallpauschalensystems!
  • Gute Arbeitsbedingungen und verbindliche Personalschlüssel für alle Bereiche im Krankenhaus!
  • Demokratische Planung und Steuerung in die Hände aller!

Am 11. November rufen wir deshalb gemeinsam mit der Verdi-Fachkommission Krankenhäuser NRW zu einer Aktion zum 47. Krankenhaustag (im Rahmen der Messe Medica) in Düsseldorf auf.

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt erklärte am Sonnabend zum »Wirtschaftswende«-Papier von Finanzminister Christian Lindner:

Das Papier des FDP-Bundesvorsitzenden ist – einmal mehr – reine Klientelpolitik auf Kosten der Mehrheit in diesem Land. Die erträumten massiven Kürzungen würden Junge wie Alte, Einkommensschwache und Familien gleichermaßen brutal treffen – während Wohlhabende weiter entlastet würden. Lindners »Ideen« helfen niemandem außer den Privilegiertesten in diesem Land.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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