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Aus: Ausgabe vom 04.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Konzernsanierung

VW-Chef findet Sündenbock

Arbeitskosten in BRD zu hoch? Oliver Blume setzt auf Sparprogramm
Von Dieter Schubert
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VW-Beschäftigter bei Protestaktion am 28. Oktober in Zwickau

Krise bei VW. Deutschlands größter Industriekonzern kämpft laut Medienberichten um seine Existenz. Nach jahrelangen Erfolgsmeldungen des einstigen Weltmarktführers der Automobilbranche haben Konzernleitung, Politiker, Mainstreammedien und Ökonomen in den Panikmodus umgeschaltet. Letztere nicht ganz zu Unrecht, denn die Lage bei Volkswagen ist vor allem nach der zunehmenden Kaufabstinenz bei Elektroautos ernst. Nun meldete sich Vorstandschef Oliver Blume erneut zu Wort. Und der hat laut aktueller Bild am Sonntag (BamS) klar erkannt, wo die Probleme liegen. Bei den überbezahlten Beschäftigten.

Der Konzernboss sieht keine Alternative für das bereits angedrohte »Sanierungs- und Sparprogramm« bei der Stammmarke Volkswagen. Und natürlich seien die Fehler in der Vergangenheit gemacht worden, zitiert ihn die BamS. Nun legten die schwache Marktnachfrage in Europa und deutlich gesunkene Erträge aus China jahrzehntelange strukturelle Probleme offen. »Unsere Kosten in Deutschland müssen massiv runter«, so der Chef von weltweit 684.000 Beschäftigten. VW sei in der Heimat schlicht zu teuer: »Unser Arbeitskostenniveau ist beispielsweise hier oftmals mehr als doppelt so hoch, wie der Durchschnitt unserer europäischen Standorte. Auch bei unseren Entwicklungs- und Vertriebskosten und in weiteren Kostenbereichen besteht im Wettbewerbsvergleich ebenso Handlungsbedarf.«

Seltsam still zeigen sich indes die Haupteigentümer des Konzerngiganten. Obwohl deren Profite allein durch den 60prozentigen Gewinnrückgang in Gefahr sind, wollen sie offenbar weiter im Hintergrund die Strippen ziehen. Weder von den Familien Porsche und Piëch (die Erben der Gründungschefs des KdF-Werkes aus der Nazizeit kontrollieren über 50 Prozent der Stammaktien) noch dem Scheichtum Katar gab es derzeit Statements.

Nur Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) meldete sich zu Wort – und konzentrierte sich auf politische Parolen. Bis Weihnachten müsse es eine »Klärung« geben, sagte er vergangene Woche im ZDF. Die derzeitige Situation sei belastend für viele Leute. Das müsse ein Ende haben. Das Bundesland verfügt dank des VW-Gesetzes mit seinen rund 20 Prozent am Stammkapital eine Art Sperrminorität und hat damit einen entscheidenden Hebel in der Hand. Weil tat allerdings so überrascht von der Situation, als säße er nicht seit Jahren selbst im Präsidium des VW-Aufsichtsrats. Für »Lösungen« schickt er wohl lieber Blume vor.

Der verkündete dann tatsächlich in der BamS, dass das Unternehmen ansonsten gut dastehe: »Der Konzernumsatz liegt aktuell leicht über dem Vorjahr – unsere neuen Produkte kommen super an, was der Anstieg des Auftragseingangs im dritten Quartal belegt.« Kein Wort von den Problemen mit möglichen Fehlinvestitionen, weil die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen eingebrochen ist. Kein Hinweis, dass sich die Wettbewerbsbedingungen in der BRD vor allem wegen der politisch verursachten hohen Energiepreise verschlechtert haben. Zudem stehen neben Lohnkürzungen von »bis zu 18 Prozent« (Betriebsrat) erstmals Werksschließungen im Inland auf dem Vorstandszettel. Mindestens drei davon würden »geprüft« so Gesamtbetriebsratschefin Daniela Cavallo.

Von den zehn deutschen VW-Standorten sind laut Handelsblatt Emden, Osnabrück und Dresden (siehe jW vom Wochenende) besonders im Visier. Entschieden sei aber noch nichts. Der Konzern selbst machte bisher keine Angaben dazu. Laut Cavallo könnte es jedes Werk treffen: »Keines ist sicher.« Auch die Belegschaften der sieben weiteren VW-Ansiedlungen Wolfsburg (im Stammwerk arbeiten laut dpa rund 62.000 Mitarbeiter), Hannover (14.700), Zwickau (9.500), Baunatal (16.800), Braunschweig (7.200), Salzgitter (6.350) und Chemnitz (1.800) müssen also bangen.

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