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Aus: Ausgabe vom 04.11.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Geschichtsrevisionismus«

Zu jW vom 30.10.: »Nie wieder!«

Die historische und gesellschaftspolitische Nachzeichnung der Änderung des »Nie wieder« ist Professor Wette ausgezeichnet gelungen. Wie könnte es auch anders sein. Ob Wolfram Wette ein Schüler von Fritz Fischer ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Für die heutigen Antikriegsgruppen könnte jedoch die Lektüre von Fritz Fischer zentral sein. Auch er unterlag mit der Zeit einem Verschweigen von offizieller Seite. Was Wette leider zu wenig hervorhebt, ist die Rolle Deutschlands in diesem Konflikt. Nicht nur als gefälliger Lakai der USA geht Deutschland in die Geschichte ein, sondern auch als Land, in dem Geschichtsrevisionismus der übelsten Sorte wieder heranwachsen konnte. Darüber braucht es eine breite Diskussion.

Barbara Hug, Schweiz

»So weit, so schlecht«

Zu jW vom 30.10.: »Nie wieder!«

Der Themenbeitrag zum Wandel von »Nie wieder« bis zum heutigen »kriegstüchtig« hat mir gut gefallen. Ich kam 1944 in die Welt und habe alles, was Wolfram Wette beschreibt und analysiert, ähnlich empfunden. Erst waren wir Deutschen (selbstverständlich nur wir im Westen) wirtschaftlich wieder wer, dann sollten wir mehr Verantwortung in der Welt übernehmen und jetzt, »Verantwortung« war nur die Verschleierung für Totschießen, sollen (dürfen?) wir wieder Kriege führen – wir, die Guten, gegen die Bösen. So weit, so schlecht.

Zum Schluss des Beitrags schreibt Wette, der »unbedingte Wille zum Frieden« habe in der Vorgeschichte des Ukraine-Krieges sowohl im Westen als auch in Russland gefehlt. Stimmt das? Ich habe es anders wahrgenommen. Im Westen gab es keinen Willen zum Frieden, erst recht keinen »unbedingten«, sondern die aggressive Osterweiterung der NATO entgegen allen früheren Versprechungen, alles richtig. Aber Russland? Hat es nicht bis zum Überdruss versucht, auf dem Verhandlungsweg einen NATO-Beitritt der Ukraine zu verhindern? Alle Bemühungen, soweit mir bekannt, wurden vom Westen ignoriert oder abgewiesen. (...) Hatte Russland im Februar 2022, als Kiew die Bombardierung des Donbass dramatisch steigerte, eine andere Wahl? Der Krieg war sicherlich vermeidbar, allerdings nur von westlicher Seite. Ein naher Verhandlungsfriede wurde vom Westen blockiert, so wird wenigstens berichtet. War es in Wirklichkeit ganz anders? Das sollte doch bitte geklärt werden.

Emmo Frey, Dachau

»Eine Schande und Lachnummer«

Zu jW vom 1.11.: »Verkehrswende des Tages: Fahrpreiserhöhungen«

Welcher Teil der Wirtschaft beweist am meisten, welche Scharlatane die Berliner Ampel dominieren und wie abgrundtief verlogen die »grüne« Schwafelei von der »Verkehrswende« zugunsten ökologischer Mobilität ist? Der ÖPNV, der ein Vorreiter in einer wirklichen Verkehrswende sein könnte, ist hierzulande das politische »Stiefkind«. Keiner der »grünen« oder »blassroten« Sonntagsredner, von den »gelben« Missetätern ganz zu schweigen, hatte je vor, den öffentlichen Nah- und Fernverkehr so aufzustellen, dass dem Klima genützt und die unsägliche private Mobilität deutlich eingeschränkt wird. Die Deutsche Bahn, das Schmuddelkind bundesdeutscher Mobilität, ist wohl ohne einen deutlichen Schnitt nicht mehr zu retten. Dieser Konzern, der nur noch dafür missbraucht wird, jährliche Renditen an den gierigen Bundeshaushalt abzudrücken, ist eine Schande und eine Lachnummer, die so ziemlich ohne Beispiel in der EU herumdümpelt. Ähnlich geht es dem Nahverkehr, der, je weiter er sich von den Ballungsräumen entfernt, faktisch nicht mehr stattfindet. So rundet dieser Bereich der Wirtschaft nur das Trauerbild ab, das die deutsche Wirklichkeit derzeit abliefert.

Erich Kral, Potsdam

»Schreibtischtäter«

Zu jW vom 28.10.: »Hindenburg entehren«

Man sollte beim Thema bzw. zur Person Hindenburg zwei Dinge nie unerwähnt lassen, die in der DDR noch allgemeine Schulbildung waren:

1. Über das Abschlachten von Millionen Menschen, den Ersten Weltkrieg, sagte der Junker, dieser Krieg sei ihm »wie eine Badekur« bekommen. Vermutlich stellte er sich vor, wie er im noch warmen Blut seiner Opfer badete …

2. Die Kommunisten plakatierten vor der letzten Reichspräsidentenwahl: »Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Wer Hitler wählt, wählt den Krieg.« Bekanntlich haben sie recht behalten. Das entlarvt aber auch alle diese späteren Aussagen im Stile von »Aber wir haben doch nichts gewusst und nichts geahnt …« als dummdreiste Lügen! Es ist leider auch nicht unnötig, daran zu erinnern, dass die SPD damals zur Wahl Hindenburgs aufgerufen hatte, weil sie als nur mühsam getarnte Partei des Großkapitals den Kommunisten Thälmann verhindern wollte und musste. Sonst hätte ja vielleicht noch jemand die Rolle der SPD-Führer vor Gericht untersuchen lassen können, die diese in der Novemberrevolution 1918 gespielt haben. Dass das nicht geschah, ist Voraussetzung dafür, dass nach diesen menschenschlachtenden Schreibtischtätern heute noch Stiftungen, Plätze, Schulen, Straßen, Regierungsgebäude etc. benannt sind …

Wer immer noch an Straßennamen wie »Hindenburgdamm« hängt, sollte seinem Bekenntnis sofort Taten folgen lassen und sich in die aktuell weltweit – auch wieder dank »doitscher« Regierungen – zahlreich vorhandenen Schützengräben begeben und dort dann (wie es Remarque beschreibt) nach einem Granattreffer versuchen, seine Gliedmaßen einzusammeln und die Gedärme in den Bauch zurückzustopfen. Und dabei immer schön daran denken, für wen so etwas eine »Badekur« war … und ist! Historisch passt hier mal wieder ganz besonders gut der Ausspruch Max Liebermanns beim Anblick der aufmarschierenden Nazihorden unter seinem Fenster am Pariser Platz 1933 – denn Hindenburg hat das möglich gemacht: »Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte!«

Bernd Kulawik, Rostock

Erst waren wir Deutschen (selbstverständlich nur wir im Westen) wirtschaftlich wieder wer, dann sollten wir mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, und jetzt sollen (dürfen?) wir wieder Kriege führen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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