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Aus: Ausgabe vom 04.11.2024, Seite 16 / Sport

Der Längere zieht den kürzeren

Boxen: Nick Hannig fightet Tom Dzemski nieder – und holt sich in Chemnitz den WBO-Europameistergürtel im Halbschwergewicht
Von Oliver Rast
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Satte Fäuste auf Tom Dzemski (r.): Nick Hannig macht Ernst

Der eine hat die Distanz gesucht, der andere die Nähe. Ein Duell auf Augenhöhe, trotz des Größenunterschieds von einem halben Kopf. Tom Dzemski (27), der Längere, traf auf Nick Hannig (38), den Kürzeren. Kurzum, der Längere wird den kürzeren ziehen. Am Samstag abend in der Eventlocation Kraftverkehr im südwestlichen Sachsen, in Chemnitz. Ausverkauft, knapp 2.000 Zuschauer. Dzemski versus Hannig, der Hauptkampf der Gala des Magdeburger Boxstalls SES um den vakanten Europameistertitel nach Version der World Boxing Organisation (WBO) im Limit der Halbschweren (bis 80 Kilogramm).

Anfangs dominiert der Görziger Dzemski mit seiner linken Führhand das Gefecht. Setzt Akzente, setzt Treffer. Indes ohne Wirkung. In der dritten, mehr noch in der vierten Runde macht Hannig aus Königs Wusterhausen kräftig Dampf, erhöht das Tempo, stellt seinen Kontrahenten an den Seilen, feuert Körperhaken ab, linke, rechte. Dzemski schnappt mit offenem Mund zwei-, dreimal nach Luft, fängt sich aber wieder. Vorerst.

Bis Runde acht. Flinke, satte Fäuste prasseln auf den elf Jahre jüngeren Dzemski ein. Routinier Hannig hat ihn jetzt am Ringpfosten regelrecht festgenagelt, jeder Ausweg scheint versperrt. Folge: Dzemski sackt zusammen, hockt in der Ringecke, Knie angewinkelt. Leer ist sein Blick, leer sind seine Fäuste, so sieht es aus. Ringrichter Frank-Michael Maaß zählt den Angeknockten an, der rappelt sich wider Erwarten auf. Aber nur kurz. Hannig stürmt sofort nach vorne, bearbeitet Dzemski unverdrossen weiter, Schlagsalve um Schlagsalve. Das tut weh, das wirkt.

Der Unparteiische hat ein Einsehen und bricht das Hauptevent im Seilquadrat ab. In der dritten Minute der achten Runde des auf zehn Runden angesetzten Kampfes. Zum Entsetzen Dzemskis, der mit seinem lädierten Kopf schüttelt, seine Pleite nicht wahrhaben will. Welcher Boxer will das schon? Hannig hingegen sprintet zu seinem Vater und Trainer Andreas, Jubel pur.

Fazit: Ein schmucker Clinch. Intensiv, spektakulär. Der kurze Nahkämpfer hat den langen Distanzkämpfer ausgeboxt, ganz klassisch.

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