Sandu gewinnt Stichwahl
Von Reinhard LauterbachDie »proeuropäische« Präsidentin von Moldau, Maia Sandu, ist in der Stichwahl für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden. Nach Auszählung von 99 Prozent aller Stimmen der Abstimmung am Sonntag erhielt Sandu 55,41 Prozent der Stimmen, ihr Gegenkandidat, der Sozialist Alexander Stojanoglu, 44,59 Prozent. Er räumte seine Niederlage ein und rief seine Anhänger auf, Ruhe zu bewahren; Moldau brauche jetzt keine »künstlichen Konflikte«.
Wie schon in der ersten Wahlrunde ihren Vorsprung, verdankte Sandu auch jetzt ihren Sieg den Stimmen aus dem westlichen Ausland. Dort leben etwa eine Million moldauische Staatsbürger als Arbeitsmigranten. Wären nur die Stimmen aus dem Inland maßgeblich gewesen, hätte Stojanoglu die Wahl mit knapp 52 Prozent gewonnen.
Der kollektive Westen reagierte mit merklicher Erleichterung auf das Wahlergebnis. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb, Sandu habe das Land »sicher durch schwere Zeiten gesteuert« und den Kurs auf die EU-Mitgliedschaft »gesetzt«. Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) schrieb auf X, sie gratuliere Sandu »von ganzem Herzen« und, in leichter Verkennung der Tatsachen: »Die Menschen in Moldau haben entschieden: Die Mehrheit von ihnen will den Weg in die EU entschlossen weitergehen.« Es waren eben nicht die Menschen in Moldau, die so entschieden haben. Auch aus der EU kamen Gratulationen für Sandu.
Ihre Administration warf Moskau erneut den Versuch der Beeinflussung des Wahlergebnisses vor, unter anderem, indem es organisierte Reisen von Moldauern zur Stimmabgabe in Wahllokale außerhalb Russlands ermöglicht habe. In dem Land selbst hatte die Sandu-Regierung nur zwei Wahllokale geöffnet mit jeweils 5.000 Stimmzettelvordrucken für eine moldauische Einwohnerschaft von mehreren hunderttausend Menschen im ganzen Land.
Im kommenden Jahr steht Moldau vor der Neuwahl des Parlaments. Sandu muss auch hier ihre bisherige Mehrheit halten, wenn sie ihr Programm der Annäherung an die EU und seine Erhebung in den Rang eines verfassungsmäßigen Staatsziels durchsetzen will. Die Unterstützung für Sandus »Partei der Aktion und Solidarität« (PAS) war im Inland seit einiger Zeit wegen Preissteigerungen und Korruptionsfällen zurückgegangen.
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Sandu gewann mit Hilfe der Auslandsstimmen, deren Durchführung als nicht ganz korrekt bezeichnet wird. Rund eine Million Moldauer arbeiten im Ausland, davon etwa die Hälfte in der EU und die andere Hälfte in Russland. Bei den Wahlabgaben wurden die zwei Auslandsregionen jedoch nicht gleich behandelt. So wurden in Russland nur zwei Wahllokale – beide in Moskau – eröffnet, während es vor vier Jahren noch siebzehn waren. Im Westen hingegen gab es insgesamt 232 Wahllokale, davon allein 60 in Italien. Nach Moskau wurden zweimal 5.000 Stimmzettel geschickt, während in den westlichen Ländern 600.000 Stimmzettel bereitgestellt wurden. Dennoch wird weiterhin über russische Einflussnahme bei den Wahlen spekuliert.
Die große Bedeutung der Diaspora-Stimmen könnte sich langfristig als problematisch erweisen, da diese Wählerinnen und Wähler in der politischen Entwicklung des Landes selbst gar nicht präsent sind und so entscheidende Impulse für die Zukunft des Landes fehlen werden.