Der gute alte Tatendrang
Von Gabriele DamtewFünfhundert Kilometer Luftlinie trennen Cottbus und Essen, wobei man mit Bus oder Bahn noch gut einhundert draufrechnen muss, ohne Verspätungen. Voller Vorfreude mochte der Tabellenführer der dritten Liga (dank einer fetten Tordifferenz vor Favorit Sandhausen) die Reisestrapazen von Ost nach West zurückgelegt haben – immer in dem Wissen, einen Lauf zu haben und seit acht Spielen nicht mehr geschlagen worden zu sein. Dieser Tatendrang sollte das ganze Spiel über anhalten, was sechzig Prozent Ballbesitz bestätigten. Von der ersten Minute an legte Energie Cottbus los wie die Feuerwehr, doch zehn Minuten später ging Rot-Weiss Essen überraschend nach langem Ball von Ahmet Arslan auf Ramien Safi in Führung. Essens Übungsleiter Christoph Dabrowski, ob der miesen Platzierung seines Teams (Rang 17) sichtlich gezeichnet, war eine erste Erleichterung anzumerken. Nach einer desaströsen Englischen Woche mit nur einem Punkt und zehn Buden im eigenen Tor (»Wir haben richtig auf die Fresse gekriegt«) durfte sich Essens Coach immer noch ein bisschen mehr freuen. Zweiter Konter, zweites Tor für Essen: Eric Voufacks Wahnsinnsflanke von außen rechts nach außen links auf Stürmer Leonardo Vonić. Nach der Halbzeit malte man sich aus, wie Cottbus-Trainer »Pele« Wollitz sein Team zusammengefaltet haben mochte. Auf jeden Fall stürmten Timmy Thiele und Co. weiter auf das Essener Tor, nun wesentlich gefährlicher. Dummerweise passierte dem sonst so sicheren Schlussmann Elias Bethke (21) ein folgenschwerer Fehler, als er den Ball nicht recht zum Klären traf, was Safi, der Lunte gerochen hatte, eiskalt zum 3:0 ausnutzte. Das Stadion an der Hafenstraße tobte, die zwei Torschützen gingen raus, zwei frische Stürmer kamen rein, Dabrowski hatte jetzt voll Oberwasser. Und wieder war es ein Konter. Die Joker Joseph Boyamba und Thomas Eisfeld vollendeten im schönen Doppelpass zum 4:0. Vielleicht ein bisschen zu hoch, aber Cottbus hatte solche Geschenke an glückseligen Spieltagen ebenfalls schon schätzen lernen dürfen.
Die eigentliche und menschliche Überraschung kam nach dem Abpfiff. Der oft als etwas ungemütlich wahrgenommene Wollitz gestand mit heiserer Stimme seiner Mannschaft zu, Fehler machen zu dürfen und räumte als Trainer ein, die Essener taktisch unterschätzt zu haben, die vor eigener fordernder Kulisse nicht wie gedacht offensiv, sondern aus dem Umschaltspiel heraus erfolgreich agiert hatten. Wahre und ehrliche Worte in der Niederlage. Trotzdem führt die Tormaschine aus Cottbus, mit inzwischen etwas geschmolzener Tordifferenz, die Liga an, da Rivale Sandhausen völlig überraschend zu Hause gegen 1860 München 0:3 verlor, während die Verfolger Wiesbaden und Bielefeld sich nur torlos trennten.
Am kommenden Spieltag dürfen die Veilchen aus Aue beweisen, ob sie dem defensiven Konterfußball der Mannschaft aus dem Ruhrpott taktisch und spielerisch gewachsen sein werden. Dann hat Rot-Weiss Essen den langen Weg in den Osten zurückzulegen.
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