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Aus: Ausgabe vom 06.11.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Geiselnahmen tief im Feindesland

Zwei Tote durch israelischen Angriff auf Damaskus und Entführungen in Syrien und Libanon
Von Wiebke Diehl
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Immer wieder hat Israel in den vergangenen Jahren die syrische Hauptstadt Damaskus angegriffen (20.11.2019)

Israel eskaliert den regionalen Krieg immer weiter: Am Montag abend sind bei einem israelischen Luftangriff in der syrischen Hauptstadt Damaskus zwei Menschen ums Leben gekommen. Bei der von den besetzten Golanhöhen aus gestarteten Attacke auf den Randbezirk Sajida Sainab entstand nach Angaben der syrischen Regierung zudem erheblicher Sachschaden an zivilen Einrichtungen. Israels Armee hingegen behauptet, das »Geheimdiensthauptquartier« der Hisbollah in Syrien getroffen zu haben. Ziel sei gewesen, deren nachrichtendienstliche Fähigkeiten durch Zerstörung dieser »Zweigstelle«, die »ein unabhängiges Netzwerk zur Sammlung, Koordinierung und Bewertung von Informationen« umfasse, zu schwächen. Die Leiter des Geheimdienstes seien bereits bei früheren Angriffen im Libanon getötet worden.

Zu seinen zahlreichen, seit Jahren ausgeführten, in den letzten Monaten aber deutlich verschärften Angriffen auf Syrien äußert sich Tel Aviv in der Regel nicht. Die syrische Regierung allerdings hat allein für das vergangene Jahr 116 israelische Angriffe auf ihr Territorium mit mehr als 100 Todesopfern gemeldet. Syrien forderte am Montag abend wie bereits in der Vergangenheit die UN-Mitgliedstaaten auf, die israelischen Angriffe auf syrisches Staatsgebiet zu stoppen.

Am Sonntag hatte das israelische Militär erstmals zugegeben, Spezialtruppen auf syrisches Gebiet entsandt zu haben. Im Süden des Landes hätten Soldaten einen Mann gefangengenommen und zum Verhör nach Israel gebracht. Dem entführten Ali Suleiman Al-Assi werde vorgeworfen, »Mitglied eines iranischen Terrornetzwerks« zu sein. Er habe im Grenzgebiet Informationen über israelische Truppen im Auftrag der iranischen Revolutionsgarde für einen Anschlag gesammelt. Zum Zeitpunkt der Invasion der Spezialtruppen in Syrien machte das Militär keine Angaben. Veröffentlicht wurden aber von Körperkameras aufgenommene Bilder, die zeigen, wie in einem Gebäude ein Mann in weißem Unterhemd festgesetzt wird. Außerdem gab die Armee bekannt, Al-Assi sei seit längerer Zeit überwacht worden. In syrischen Medien ist in den vergangenen Monaten immer wieder über nach Syrien eindringende israelische Militärtrupps berichtet worden. Zahlreiche Hirten und Bauern aus der Umgebung der Stadt Kuneitra seien festgesetzt und teils bis zu 48 Stunden lang verhört worden.

Nur zwei Tage vor Bekanntgabe der Verschleppung Al-Assis haben israelische Truppen auch im Libanon einen Mann entführt: Etwa 25 Soldaten legten am Freitag mit Schnellbooten an der Küste in Batrun, einer christlichen Stadt südlich von Tripolis, an und entführten in Strandnähe einen libanesischen Staatsbürger aus einem Bungalow. Der 30jährige Imad Amhas soll eine Ausbildung zum Kapitän am Institut für Meereswissenschaften und -technologie, dem wichtigsten Ausbildungszentrum des Landes für die Schiffahrtsindustrie, absolviert und in der Unterkunft des Instituts gewohnt haben. Die israelische Armee hingegen behauptete am Sonnabend, es handle sich um einen »ranghohen Agenten der Hisbollah«, den eine Eliteeinheit der Marine »festgenommen« und zum Verhör nach Israel gebracht habe. Der libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati kündigte an, Beschwerde im UN-Sicherheitsrat einzulegen. Nach Angaben seines Büros würden auch Libanons Armee und die UNIFIL-Truppen zu dem Überfall ermitteln. Mikati fordere demnach »rasche« Ergebnisse. Libanesische Journalisten berichteten unterdessen, es bestehe der Verdacht, die Entführer hätten mit deutschen Marinestreitkräften als Teil der UNIFIL an der libanesischen Küste zusammengearbeitet.

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