Kämpfe gegen Koreaner?
Von Reinhard LauterbachDie Ukraine hat sich nach eigenen Angaben erste Gefechte mit nordkoreanischen Soldaten in Russland geliefert. Präsident Wolodimir Selenskij sagte in seiner Ansprache am Dienstag abend, mit der Präsenz dieser Truppen sei »ein neues Kapitel der weltweiten Instabilität« aufgeschlagen worden. Verteidigungsminister Rustem Umjerow hatte zuvor im südkoreanischen Sender KBS gesagt, die Nordkoreaner würden sich als Angehörige des sibirischen Volkes der Burjaten tarnen. Bestätigungen dieser Darstellung von beiden Seiten der Front gibt es nicht. Dass von Kämpfen im Kursker Gebiet die Rede ist, deutet darauf hin, dass Russland die mutmaßlich koreanischen Soldaten bisher nur auf eigenem Staatsgebiet einsetzt. Dies bliebe unterhalb der Stufe, die die USA nach den Worten des scheidenden Präsidenten Joe Biden – einstweilen – zu dulden bereit sind. Denn hiergegen ist juristisch nichts einzuwenden, es entspricht dem Beistandspakt zwischen Russland und Nordkorea, der am Mittwoch auch von der Duma ratifiziert wurde.
Unterdessen bezeichnet der ukrainische Oberkommandierende Olexander Sirskij die Operation im Kursker Gebiet als Erfolg. Er schrieb am Dienstag, der Vorstoß habe Russland davon abgehalten, seinerseits Gebiete im Norden der Ukraine anzugreifen. Die Sirskij und die restliche Militärführung regelmäßig kritisierende ukrainische Abgeordnete Marjana Besuglaja interpretierte dies als Ankündigung des bevorstehenden Rückzugs aus der russischen Grenzregion. Die im August begonnene Offensive ist auf ukrainischer Seite umstritten, weil sie die Abwehrfront im Donbass geschwächt hat.
Dort sind russische Truppen südlich und südwestlich der Stadt Kurachowe bei Donezk weiter im Vormarsch. Nach ukrainischen Angaben stehen Stoßtrupps inzwischen kurz vor der Ortschaft Rosliw, die ihrerseits in Sichtweite der einzigen Versorgungsroute für die ukrainischen Truppen in Kurachowe liegt. Außerdem berichteten Militärblogger beider Seiten übereinstimmend, dass russische Truppen aus dem kürzlich eroberten Selidowe nördlich von Kurachowe heraus inzwischen nach Westen in Richtung auf die Grenze zum Bezirk Dnipropetrowsk vorstießen. Die Entfernung von Selidowe bis zu dieser Grenze beträgt in der Luftlinie 21 Kilometer; größere Ortschaften, in denen sich ukrainische Truppen verschanzen könnten, gibt es in dieser Richtung nicht mehr.
Unter diesen Umständen werden die Erklärungen aus Kiew über mögliche Waffenstillstandsverhandlungen immer widersprüchlicher. Selenskijs Kanzleichef Andrij Jermak sagte am Dienstag im ukrainischen Sender 1plus1, Voraussetzung für solche Gespräche sei ein russischer Rückzug auf die Linie vom 24. Februar 2022, implizit also der Verzicht Kiews auf den Osten des Donbass und die Krim. Zwei Tage zuvor hatte Jermak gegenüber dem lettischen Portal LSM noch die Forderung Selenskijs wiederholt, Russland müsse sich als Voraussetzung für Friedensgespräche aus allen ukrainischen Gebieten zurückziehen.
Völlig unklar ist, woher die Ukraine die Ressourcen für eine Fortführung des Krieges nehmen könnte. Vor allem die personellen. In Polen wurde am Wochenende bekannt, dass sich für die »Ukrainische Legion« aus ukrainischen Staatsbürgern, die sich in Westeuropa aufhalten und als Freiwillige in den Krieg ziehen wollen, innerhalb von drei Monaten seit ihrer Proklamation gerade einmal 500 Bewerber gemeldet haben. Jetzt soll ihre Ausbildung beginnen, obwohl das polnische Militär zuvor erklärt hatte, bei einer so niedrigen Rekrutenzahl lohne das nicht. In der Ukraine meldete sich am Wochenende Masi Najem – der Bruder des seit dem Euromaidan populären Journalisten Mustafa Najem – mit einem dramatischen Aufruf zu Wort: Die Ukraine müsse innerhalb von zwei Monaten 160.000 neue Soldaten mobilisieren, sonst müsse sie kapitulieren. Nach letzten Angaben des Generalstabs liegt die Zahl der tatsächlich mobilisierten Soldaten bei 20.000. Nach Mitteilungen ukrainischer Militärs gelingt es derzeit nur zu zwei Dritteln, Verluste wieder auszugleichen. Daraus speist sich vermutlich die am Wochenende bekanntgewordene Einschätzung von US-Militärs, die Ukraine könne maximal ein Jahr weiterkämpfen.
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Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (7. November 2024 um 08:13 Uhr)»Völlig unklar ist, woher die Ukraine die Ressourcen für eine Fortführung des Krieges nehmen könnte« – Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass nordkoreanische Soldaten auf russischer Seite mitkämpfen, ohne dass dies weltweit große Aufregung verursacht: Schließlich gibt es einen Vertrag zwischen Russland und Nordkorea. – Was wäre also einzuwenden, wenn die Ukraine, ebenfalls auf vertraglicher Basis, südkoreanische Waffen und Soldaten einzusetzt? In den heutigen Morgennachrichten wurde ein ähnliches Angebot aus Südkorea vermeldet!
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